Wen hat Evelyn Hugo wirklich geliebt?

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sophieslesewelt Avatar

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Wen zum Teufel hat Evelyn Hugo geliebt?
Diese Frage, die scheinbar einen wesentlichen Kern der Geschichte darstellt, ist doch nur eine winzige Facette des Lebens von Evelyn Hugo. Und Evelyn Hugo ist eine unglaublich facettenreiche Person und manchmal musste ich mir dabei in Erinnerung rufen, dass es sich bei ihr um eine fiktive Person handelt und man all ihre Filme gar nicht anschauen kann, die sich manchmal unglaublich spannend angehört haben. Ich hätte gerne Evelyn in der Rolle der Jo in Little Women oder in der Rolle der Anna Karenina gesehen – man hatte das Gefühl in den Roman einzutauchen. Und Evelyns Geschichte fesselt. Eine facettenreiche Geschichte, von der man so viel mitnimmt und es gar nicht zur Seite legen möchte.
Die Geschichte, die auf zwei Zeitebenen erzählt wird, lässt bis zu den letzten Seiten überraschen, leiden und staunen. Immer wieder kommt es zu Plot Twists, die überraschen. Die eine Zeitebene erzählt die Geschichte von Monique Grant, die von der gealterten Evelyn Hugo den Auftrag erhält, ihr Leben und vor allem die Wahrheit über ihr Leben festzuhalten. Und dieses Leben hat es in sich – immerhin gehört Evelyn Hugo zu den großen Ikonen Hollywoods und war sieben Mal verheiratet und die Frage, wen sie wirklich geliebt hat, beschäftigt den gesamten Roman über. Das Buch ist in verschiedene Abschnitte zu den jeweiligen Ehemännern Evelyns eingeteilt und jeder Ehemann, jedes Kapitel von Evelyns Leben beschäftigt auf eine besondere Art und Weise. Und irgendwann wusste ich nicht, wie ich über Evelyn fühlen sollte. Verständnis? Mitgefühl? Hass? Ich wusste es nicht – aber wie Evelyn es Monique gegenüber ausdrückt – Hass ist ein unkompliziertes Gefühl. Und nichts an diesem Buch ist unkompliziert. Man verfolgt das Leben und Schicksal von Evelyn und versteht, warum sie so ist, wie sie ist. Die Umstände, unter denen sie aufgewachsen ist, die Erlebnisse während ihrer Ehen und all die Dinge, die Evelyn zu der Person gemacht haben, die sie letzten Endes war … es ist als würde man hautnah mitbekommen, wie sie sich durch das Leben kämpft. Und die ganzen Geheimnisse, Intrigen und Skandale, die sie erlebt und auch selbst einfädelt, verdienen das Label „Hollywoodreif“. Die letzten Abschnitte des Buches haben dafür gesorgt, dass meine Kehle wirklich zugeschnürt war und ohne spoilern zu wollen, kann man nur die vielen Überraschungen des Buches erwähnen. Ich habe mir selten gewünscht, so viele Aussagen von einer Figur in einem Buch zu markieren. Manchmal war es etwas zu viel, doch das Buch hat durch seine Vielfalt überzeugt. Über die Frage, wie Evelyn Hugo, oder viel mehr Evelyn Herrera ihr kubanisches Erbe aufgibt, die Taten ihres Vaters miterlebt, die Rolle der Frau unter den damaligen Umständen. Die Manipulationen und Erlebnisse zwischen ihr und ihrer Ehemänner, die Frage nach der wahren Liebe Evelyns… Evelyn ist eine der komplexesten Buchfiguren, die ich je gelesen habe – Ich wusste am Ende nicht, ob ich sie leiden kann oder hasse – aber das Buch hat letzten Endes vor allem gelehrt, dass es nicht schwarz und weiß ist und dafür steht Evelyn in ihrer Persönlichkeit. Einmal im Buch sagt Evelyn Monique gegenüber, dass sich Evelyn verabschiedet. Und in diesem Buch lernt man einerseits all ihre Fasern kennen – und andererseits ist es schwer zu begreifen, wieso sie so handelt, wie sie handelt. Und dass ihr Handeln von 1000 Umständen geprägt ist. Evelyn Hugos Leben über ihre sieben Ehemänner zu erzählen und dann am Ende zu erfahren, was Evelyns Leben wirklich ausgemacht hat – lässt sich ohne einen Spoiler nicht beschreiben. Aber Evelyn an sich regt zum Nachdenken an. Einmal im Buch heißt es: „Wie kann sie es wagen, mir meine Identität wegzunehmen?“ – und dann bekommt Moniques Aufgabe der Biographie eine neue Bedeutung. Genauso ist dieses Buch ein Blick in die Identität einer Frau, die ihr Leben gespielt hat, wie eine Rolle – mit tausenden Schichten und Facetten. Ob man sie am Ende mag oder nicht, sei dahingestellt (habe da aber doch meine Meinung) – aber sie ist unglaublich komplex und das Buch hallt lange nach dem Lesen nach.