Fesselnd bis zur letzten Seite

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Es ist Sonntagmorgen in Berlin-Charlottenburg und Nikolas Nölting, Beamter in Berliner Stadtverwaltung, Dezernat „Bau“, fährt mit seinem Fahrrad zum Bäcker und schlägt, statt Frühstücksgebäck zu kaufen, den anwesenden Kontakt-Polizisten nieder, bemächtigt sich dessen Dienstwaffe und schießt auf drei Personen. Während zwei nur leicht verletzt sind, ist Moritz Lindner sofort tot. Der Schütze lässt sich widerstandslos festnehmen und schweigt beharrlich.

Auch seinem Verteidiger Rocco Eberhardt gelingt es nicht, dem Täter Details und vor allem ein Motiv zu entlocken. Für den Oberstaatsanwalt steht das Urteil bereits vor der Gerichtsverhandlung fest: Es kann nur lebenslänglich für den Angeklagten geben. Doch Eberhardts Ehrgeiz ist geweckt. Was hat den unscheinbaren Beamten zu dieser Tat getrieben?

Meine Meinung:

Ich habe diesen Justiz-Krimi an einem Tag, in einem Rutsch gelesen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie die Sache ausgeht. Ich hatte nämlich gleich einen Verdacht, der sich recht schnell bewahrheitet hat. Ein Einzeltäter, der beharrlich schweigt, lieber ins Gefängnis geht - das klingt sehr nach organisiertem Verbrechen. Ein weiteres Indiz hierfür liefert die Arbeitsstätte: Die Behörde, die für Umwidmungen von landwirtschaftlichen Grundstücken in Bauland zuständig ist. Hier ist mit den richtigen Insiderinformationen so richtig viel Geld zu holen.

Das Autoren-Duo Florian Schwiecker und Michael Tsokos sind vom Fach. Schwiecker war lange Jahre als Strafverteidiger tätig und Tsokos ist Leiter der Rechtsmedizin in der Charité. Diese ihre Erfahrungen bringen sie in dem ersten gemeinsamen Krimi, der offensichtlich nicht der letzte sein wird, ein.

Die kurzen Kapitel, die die Tat und ihren Auslöser aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten, machen die Auflösung so richtig spannend. Jedes Kapitel ist mit einer genauen Orts- und Zeitangabe versehen. Oft ist ein Kapitel nur eine Seite kurz und gleicht damit einem Kameraschwenk.

Spannung wird auch durch die beiden Hauptpersonen im Gerichtssaal erzeugt: Zum einen der Oberstaatsanwalt, der den Angeklagten für den Rest des Lebens hinter Gitter sehen will, und den Anwalt, der genau dieses verhindern will. Mitten drinnen, die souveräne Richterin.

Je mehr der Oberstaatsanwalt auf „lebenslänglich“ beharrt, desto stärker beschleicht den geneigten Leser, dass er vielleicht seine eigenen Ziele verfolgt.

Die ersten fünf Zeugen scheinen bis auf einen, ein recht neutrales Bild der Ereignisse zu geben. So richtig spannend wird es, als ein vorab unbekannter 6. Zeuge den Gerichtssaal betritt. Den Höhepunkt bildet aber die 7. Zeugin, nämlich die Ehefrau des Angeklagten. Mit ihrer Aussage offenbart sich endlich die Tragödie, die sich hinter der Tat, verbirgt.

Fazit:

Dem Autoren-Duo Schwiecker/Tsokos ist ein fesselnder Justiz-Krimi gelungen, dem ich eine Leseempfehlung ausspreche und 5 Sterne gebe.