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westeraccum Avatar

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Nikolas Nölting erschießt in einer Bäckerei scheinbar grundlos einen Mann, zwei andere Menschen werden verletzt. Was war der Grund für seine Tat? Das soll der Strafverteidiger Rocco Eberhardt herausfinden, den Nöltings Frau für den Prozess engagiert. Doch Nölting selbst schweigt zu seiner Tat. Mühsam muss Eberhardt die Hintergründe recherchieren und stößt dabei auf den Clanchef Kamil Gazal und seine Grundstücksgeschäfte.

Das Buch mit seine kurzen Kapiteln aus verschiedenen Perspektiven liest sich flüssig weg und man erhält Einblicke in die Arbeit der Justiz. Die Suche nach den Hintergründen der Tat ist gut geschildert, Manches läuft aber einfach zu glatt und ist zu sehr schwarzweiß gemalt.

Es hat mich z.B. geärgert, dass die Realität aus Spannungsgründen manchmal zurechtgebogen wird. Wenn sich ein Strafverteidiger mit einem Gangsterboss einlässt, mag das in Berlin unter Umständen realistisch sein, aber letztendlich kommt er in Teufels Küche und macht sich erpressbar. Auch die Suche nach dem Strafmaß hält einer Realitätsprüfung nicht stand. "Lebenslänglich" bedeutet im deutschen Strafrecht, dass die Strafe nach 15 Jahren überprüft wird und bei guter Führung und einer positiven Sozialprognose die restliche Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird. Keinesfalls bleibt der Straftäter bis zu seinem Tod hinter Gittern, das geht nur, wenn Sicherungsverwahrung verhängt wurde. So etwas weiß ein Strafverteidiger wie Florian Schwieker.

Manche Teile der Gerichtsverhandlung scheinen mir auch sehr amerikanisch. Man muss bei uns keine Jury überzeugen... Allerdings hatte ich schon immer den Verdacht, dass Rechtsanwälte gute Schauspieler sein müssen.

Mein Fazit ist daher gemischt. Einerseits ist das Buch gut lesbar und einigermaßen spannend geschrieben, aber die kleinen Fehler und der Cliffhanger am Schluss ärgern mich. Dafür gibt es Punktabzug.