Langsam, aber nicht langweilig

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Dieses Buch zieht schon durch sein Cover den Blick auf sich. Innen findet man auch noch eine wunderschöne Karte der Inseln – in Farbe! – und hübsche Vignetten, die die Kapitelanfänge verzieren. Leider hat die Goldschrift auf dem Buchrücken und auch vorne auf dem Einband fast sofort begonnen sich zu lösen. Mein Buch heißt auf dem Rücken daher jetzt einfach „Der König der Krähen“ und hat leider einen unschönen leeren Fleck in der Mitte.

Inhaltlich kann das Buch dafür auch auf Dauer überzeugen. Die Geschichte entwickelt sich nur langsam, stattdessen wird die Spannung aber von der Sprachkunst der Autorin getragen. Gerade durch die langsame Erzählweise kreiert sie eine sehr intensive Atmosphäre. Gleichzeitig wird die Geschichte dadurch sehr glaubwürdig, denn an einer der Stationen gegen Ende ihrer Reise hält Edda sich unerwartet lange auf, da sie schlichtweg nicht weiß, was sie tun soll, aber eben auch nicht unrealistisch schnell Hilfe von einem Außenstehenden bekommt. Als Protagonistin war sie mir sehr sympathisch. Auf die Charakterisierung der Dorfbewohner zu Beginn des Buches hat die Autorin nicht viel Zeit verschwendet, sie spielen im späteren Verlauf auch keine Rolle mehr. Auf ihren Reisen trifft Edda aber durchaus interessante Figuren. Die wichtigsten Antagonisten zeigen unterschiedliche Facetten, sodass ich hoffe, dass sie alle irgendwann wieder vorkommen. Sprachlich glänzt das Buch auch durch eine der Welt angemessene, konsistente Metaphorik und Redewendungen.

Am Ende wird alles etwas geraffter erzählt und es gibt eine Überraschung, die ich von Anfang an erwartet, zwischendurch aber vergessen hatte, weil die Erzählung sich so lange hinzog. Die Hintergründe dieser Überraschung werden so schnell zusammengefasst, dass sie weniger glaubwürdig sind als der Rest des Buches. Ich habe das Gefühl, dass die Autorin gerne noch einen richtigen Knaller am Ende bringen wollte, angesichts der Länge des Buches aber wenig Platz dafür übrig hatte. Ich finde, dass man bei 600 Seiten auch nochmal 50 Seiten mehr für die sorgfältige Ausarbeitung dieses Stranges hätte investieren können. Eine gute Alternative wäre auch gewesen, das in den zweiten Band zu verschieben, denn das Buch bietet genug interessante Handlung.

Ich könnte mir zwar vorstellen, dass viele Leser die Geschichte als langatmig empfinden, für mich ist die Saga aber eine alles in allem gelungene Geschichte mit nordischen Elementen, aber noch viel mehr eigener Fantasie. Die interessantesten Dinge, der Herr der Krähen und die Alte Sprache bleiben im ersten Band leider nur angedeutet, sodass „Der König der Krähen“ eigentlich ein passenderer Untertitel für den zweiten Band gewesen wäre – vorausgesetzt, dass er in diesem dann endlich vorkommt. So habe ich aber wenigstens einen Grund, mich auf die Fortsetzung zu freuen.