Subtil böse
In "Die spürst du nicht" kultiviert Glattauer mit beißendem Sarkasmus die detaillierte Beobachtung seiner gutbürgerlichen Landsleute und deren Marotten. Dabei fühlt sich der Leser, nicht nur aufgrund der stilistisch oftmals an Drehbuch-Setups erinnernden Erzählpassagen, stark an das moderne österreichische Kino und dessen gesellschaftliche Vivisektionen erinnert - die hohle Jovialität und der dunkel schimmernde Unterbau, der unter der biederen Oberfläche bürgerlicher Normalität lauert, gemahnen ein ums andere Mal an die bissigen Leinwandkreationen eines Ulrich Seidl oder einer Veronika Franz. Ungewöhnlich gewagt und (trotz des vordergründig federleichten Toskana-Settings) kaum mit seiner Absicht hinter dem Berg haltend, schwingt sich Glattauer hier zum genialen Sozialpropheten auf, der literarisch den Finger in die offenen Wunden eines eben gar nicht so gemütlichen kleinen Alpenstaates legt; und wenn die Maske fällt, wird der Schrecken umso größer sein. Stilistisch und thematisch erneut ein Meisterwerk!