Frauen gegen die alte Ordnung

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bibliokate Avatar

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Itamar Vieira Junior hat hier einen Debutroman vorgelegt der sich sehen lassen kann.

Teilweise mythisch anmutend, teilweise messerscharf analysierend  erzählt er von zwei Schwestern die sich nicht in die patriachalen Machtstrukturen Brasiliens einfügen wollen. Als Kind hat eine der Schwestern beim Spielen mit einem Messer ein Stück ihrer Zunge verloren was sie zu einer Stimmlosen Frau verdammt hat. Das verstehe ich als Metapher für die Unterdrückung durch das Patriarchat und die alten Machtstrukturen die Frauen keine Stimme verleiht. So kann die andere Schwester zwar sprechen, Stimme jedoch hat auch sie keine.
Nach einer Gewaltsamen Ehe und einem Leben ohne Rechte ist sie nicht mehr gewillt das einfach so hinzunehmen.

Stück für Stück wird die Geschichte der Schwestern erzählt. Auch die Geschichte der Gemeinschaft von Nachfahren früherer Sklaven, ihrem andauernden Kampf um Würde,  Freiheit und Unabhängigkeit von Großgrundbesitzern sowie gegen die Gier nach Gold und Reichtum wird gekonnt thematisiert. 

Für mich war dieser Roman ein absolutes Highlight da ich bisher wenig Brasilianische Literatur gelesen habe und man durch die erzählten Geschichten immer auch einen Einblick in die Kultur bekommt.  Der Autor ist ein gekonnte Erzähler und weiß es den Leser für sich einzunehmen und einen tollen Spannungsbogen zu erschaffen. So geht es nicht nur um die Stimme einer Schwester sondern um die Stimme aller Schwestern, also aller Frauen. 

Wirklich ein tolles Buch.
Besonders interessant fand ich auch das der Autor, als Geograf und Ethnologe, im Rahmen seiner Doktorarbeit selbst eine Zeit lang unter ehemaligen Sklaven gelebt hat