Zwei Schwestern und die Freiheit

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Die Schwestern Bibiana und Belonísia leben in Brasilien zu Zeiten, in denen die Sklaverei offiziell schon vorbei ist. Sie sind Nachkommen von Sklav:innen und ihre Familien müssen noch immer ohne Bezahlung für den Grundbesitzer arbeiten. Eines Tages finden sie beim Spielen in den Sachen ihrer Großmutter ein wunderschönes Messer, das in ein Stück Stoff eingewickelt ist. Wie Kinder nun mal sind, reagieren sie neugierig und ehe sie sich versehen, verliert eine von ihnen ihre Zunge und die andere ersetzt ihre Stimme.

Das Cover hat mich durch die bunten Farben und die gesichtslosen Frauen sofort angesprochen und der Klappentext klang spannend. Ich hätte mir allerdings einen stärkeren Fokus auf die Beziehung der beiden Schwestern gewünscht und ich finde es irreführend, dass im Klappentext von Belonísias „zugewiesenen“ Mann gesprochen wird, da das im Buch anders kommuniziert wird.

Der Autor erschafft in „Die Stimme meiner Schwester“ mit bildgewaltiger Sprache und fein eingewobenen mystischen Akzenten eine ergreifende Familiengeschichte. Es ist aber keineswegs leichte Literatur, da Themen wie Würde und Freiheit über der Handlung schweben und der Alltag der Protagonist:innen meilenweil von unserem entfernt ist.

Das Buch ist in drei Teile gegliedert, wobei der erste Teil aus Bibianas Sicht, der zweite aus Belonísias Sicht ist und der dritte Teil etwas distanzierter von der Familiengeschichte und der Geschichte der Gemeinschaft erzählt. Gerade der letzte Teil hat mich manchmal verwirrt, weil ich mir oft nicht sicher war, wer, wann und wo wir gerade waren.

Das Buch ist doch eher schwere Kost, bei der man mitdenken muss und die mir einige Bildungslücken aufgezeigt hat. Was als Geschichte von zwei Schwestern beginnt, wird schließlich zu einer Familiengeschichte und zur Geschichte der gesamten Gemeinschaft. Eine Geschichte, die ich erst noch verdauen muss.