Drei Frauen-Generationen

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buecherwurm Avatar

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Das Cover verbirgt mehr, als es zeigt, was schon darauf hindeutet, dass es dunkle Bereiche in der Vergangenheit gibt, die es zu ergründen gilt.
Wir begleiten drei Frauen über drei Zeitebenen durch mehrere Länder: Tochter Lucy, Mutter Daria und Großmutter Lyudmila - Wissenschaftlerinnen. Hochintelligent, aber eher weniger kommunikationsstark. Vor allem nicht im Umgang miteinander. Vermutlich, weil sie gar keine gemeinsame Muttersprache haben.
Das Buch lässt sich leicht lesen und ist auch recht spannend. Mir gefällt die Eingangsszene mit dem Konzertflügel, der enorme Beklemmungen in Lucy auslöst. Schwierige Mutter-Tochter-Beziehungen bieten einen nahrhaften Boden für tiefgründige Familiengeschichten. Allerdings gibt es ein paar Unstimmigkeiten im Handlungsverlauf. Auf den Spuren ihrer quasi unbekannten, bereits verstorbenen Großmutter reist Lucy allein nach Polen. Das erscheint mir wenig logisch, denn der einzige Anhaltspunkt, den sie hat, ist ein Ferienort, an den die Großmutter mit zwölf Jahren zu ihrer Tante abgehauen sein soll. Natürlich gibt es an diesem Ort auch keine näheren Hinweise. Aber Lucy folgt einem Zugschaffner namens Wladek, der ihre Sprache spricht, und erzählt ihm nach nur drei Sätzen von dem Problem mit ihrer Mutter. Das kann in einem Stadium tiefer Verzweiflung vielleicht passieren, unrealistisch ist aber, dass Wladek sich davon nicht abschrecken lässt.
Die beste Freundin Phil und Lucys Mitbewohner Oliver sind zwei weitere Figuren, die mir nicht sehr authentisch erscheinen, eher aus dramaturgischen Gründen entwickelt, aber in ihrer Unterstützung etwas wankelmütig.
Nicht auszuklammern als tragende Figuren im Hintergrund: die Ehemänner/ Väter! Robert ist der am wenigsten kommunikative Akteur in der Familie, unterdrücktes Opfer der starken Frau Daria?
Insgesamt gesehen ein Buch für alle, die Interesse an komplizierten Lebensgeschichten haben. Kein Geschenk zum nächsten Muttertag!