Ein Roman, der dem Hype nicht gerecht wird und hinter den Erwartungen zurückbleibt.

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xxholidayxx Avatar

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"Glaubst du... ich vergeude meine Zeit?" Mein Onkel lächelte mich an. "Nein, das glaube ich nicht. Das Leben ist lang. Zwischendurch muss man auch mal innehalten, Pause machen. Du ankerst hier bloß ein Weilchen, und wenn du dich erholt hast, stichst du wieder in See." - Buchzitat S. 44/45 (E-Book)
"Satoshi Yagisawa entführt uns mit seinem Debütroman "Die Tage in der Buchhandlung Morisaki" in das faszinierende Antiquariatsumfeld von Tokios berühmtem Bücherviertel Jimbōchō und entfaltet dabei eine Geschichte über Selbstfindung und Neubeginn."

Die Storyline folgt der 25-jährigen Takako, deren Leben durch die überraschende Ankündigung ihres Freundes, eine andere Frau zu heiraten, aus den Fugen gerät. Verletzt und orientierungslos, findet sie vorübergehend Zuflucht bei ihrem Onkel in dessen Antiquariat. Dort entdeckt sie eine Leidenschaft für Bücher und beginnt, sich neu zu definieren.

Ich hatte hohe Erwartungen an diesen Roman, aber leider wurden sie nicht erfüllt. Die Protagonistin Takako erschien mir einfach nur sehr verunsichert. Mir ist schleierhaft, dass sie nicht mitbekommt, dass ihr Freund sie betrügt und sie nicht den Mut hat, ihm mal ordentlich die Meinung zu geigen oder den Kontakt ganz abzubrechen. Klar sie ist noch jung, aber lässt sich viel zu viel gefallen.

Der zeitliche Rhythmus der Handlung wirkte überstürzt und vieles hat auf mich sehr unwirklich gewirkt. Vorallem der Einzug bei einem Onkel, den man jahrelang nicht gesehen und dessen Telefonnummer man nicht einmal gespeichert hatte. Aber auch das plötzliche Auftauchen der Tante, dass das Buch quasi in zwei Teile ein VOR der Tante und ein NACH der Tante einteilt und daher auch nur in zwei Kapitel gegliedert ist.

Positiv hervorzuheben ist das wunderschön illustrierte Cover, das jedoch keinen Bezug zum Inhalt des Buches herstellt. Einige Lebensweisheiten und Zitate wirkten auf mich eher wie konstruiert, damit etwas tiefgründiges enthalten ist und trugen alles in allem aber nicht zur Tiefe der Geschichte bei. Was mich auch gestört hat ist, dass nicht gegendert wurde und im Gegenteil auch vielfach Sexismus mitschwang, oder ich mich zu wenig mit der japanischen Kultur auskenne und es dazu gehört Frauen auf ihr Äußeres zu reduzieren wie beispielsweise hier:

"Sieh an«, sagte der ältere Herr und musterte mich anerkennend. »Ich wusste gar nicht, dass Satoru-san eine so hübsche, junge Nichte hat." - Buchzitat S. 27 (E-Book)
„Tante Momoko war als junge Frau ziemlich hübsch gewesen. Keine Schönheit, aber sie hatte eine ganz eigene Anziehungskraft gehabt. Wie ein nicht besonders wertvoller Stein am Strand, der herrlich funkelt.“ - Buchzitat S. 96 (E-Book)


Mich hat auch die Haltung des Autors bzw. der Figuren zu vielen Themen wie Altern, Abtreibung oder Geschlechterrollen gestört:

„Schau doch, wie makellos deine Haut vom Hals bis zur Brust hinunter ist. Da zeigt sich das Alter als Erstes! Bei dir - nicht eine Falte! Beneidenswert«, - Buchzitat S. 167 (E-Book)
Aber noch bevor es auf die Welt kommen konnte, ist es in mir gestorben ... Das ist dachte ich. Die Strafe dafür, dass du dein erstes Kind nicht zur Welt gebracht hast. Du hast kein Recht mehr, Mutter zu sein Satoru hat versucht, mich zu trösten, dabei war er selbst am Boden zerstört. - Buchzitat S. 164 (E-Book)
"Wusstest du, dass Takako-chan einen Freund hat, Satoru?", fragte meine Tante sofort. "Was? Nein! Das wusste ich nicht. Wirklich? Warum hast du mir nichts erzählt?", fragte mein Onkel und sah mir ins Gesicht. "Ach, da gibt's nicht viel zu erzählen ..." "Perfekt!«, sagte meine Tante und klatschte in die Hände. Wenn sie heiraten, kann der das Geschäft übernehmen. Kinder haben wir ja nicht." "Dem Kerl willst du das Geschäft überlassen?", rief mein Onkel fassungslos.
Buchzitat S. 187 (E-Book)
„Aber mein Onkel? Mein Onkel war wie ein Weichtier. Ich hatte noch nie so viel Zeit mit ihm ver- bracht, aber je länger ich mit ihm zusammen war, desto mehr überraschte mich, wie weich er war. Vielleicht hatte Tante Momoko ja deswegen das Weite gesucht.“ - Buchzitat S. 33 (E-Book)


Das Buch konnte mich trotz einiger weniger schönen Zitat leider nicht abholen.

Fazit: "In Die Tage in der Buchhandlung Morisaki" vermag Satoshi Yagisawa zwar eine stimmungsvolle Atmosphäre zu schaffen, jedoch bleibt die Geschichte insgesamt flach und erreicht nicht das Potenzial, das ich mir erhofft hatte. Vielleicht liegt es daran, dass ich bisher wenig Bücher von japanischen Autoren gelesen habe und mit dem Stil nicht vertraut bin. Aber mit den durchschnittlichen Figuren und für mich unrealistischen Handlungselementen konnte mich dieser Roman nicht überzeugen. Daher vergebe ich 2 von 5 Sternen.

Je mehr man reist und liest, hatte ich umgekehrt immer das Gefühl, desto weniger weiß man. So ist das im Leben. Du kannst dir deiner nie sicher sein. Wie heißt es so schön bei Taneda Santoka? Der Wald bleibt grün, egal wie weit du hineingehst. - Buchzitat S. 45 (E-Book)