Ein Buch, das man nicht so schnell vergessen wird

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Eigentlich vermeide ich solche Bücher. Bücher, in denen ein Krieg eine Rolle spielt. Bücher mit viel Leid und wenig Hoffnung.
Mich hat der Titel neugierig gemacht und ich habe mir 50 Seiten gegeben, um zu entscheiden, ob ich abbreche, oder weiterlese. Ich habe weitergelesen, auch wenn es mir der Anfang mit den ganzen fremdländischen Namen und dieser anderen Welt nicht leicht gemacht hat.
Worum geht es: Suchi und Haiwen lernen sich als Kinder, die in die gleiche Schule gehen und in der gleichen Nachbarschaft in Shanghai wohnen, kennen. Sie kommen aus unterschiedlichen Familien: Suchis Mutter ist eine traditionelle Mutter, die sich noch die Füße zusammenbindet, ihr Vater Buchhändler. Haiwen kommt aus einer reichen Familie. Sein Vater ist Fabrikbesitzer, seine Mutter ist gepflegt und sieht aus wie ein Filmstar. Trotz dieser Unterschiede verlieben sie sich und als sie 16 Jahre alt sind, wird über Hochzeit gesprochen. Es kommt anders. Haiwen lässt sich freiwillig zum Kriegsdienst einziehen, um seinen älteren Bruder, dessen Frau schwanger ist, vor einer Zwangsrekrutierung zu bewahren.
Einige Monate später werden Suchi und ihre Schwester nach Hongkong geschickt, wo sie sich alleine durchschlagen müssen. Der Kontakt zu den Eltern bricht nach einiger Zeit ab. Der Plan nachzukommen, scheitert.

Wie in einem Mosaik werden die einzelnen Lebensabschnitte der beiden Protagonisten im Laufe des Buches zusammengesetzt. Die Zeitspanne reicht von 1938 bis 2008. Die Wege von Suchi und Haiwen kreuzen sich einmal in Hongkong 1966 und dann wieder in Los Angeles 2008 und weil man als Leser schon ziemlich früh erfährt, dass beide sich 2008 wieder begegnen, macht man die Reise mit.
Die Schicksale werden ziemlich unspektakulär erzählt, es ist weder kitschig, noch betont dramatisch. Es ist das Leben im Krieg und in der Fremde und das ist schlimm genug.
Beide kämpfen sich auf ihre Art durch's Leben und man hofft, dass es noch ein Happy End für sie gibt. Aber kann es nach all der Zeit und all den Erfahrungen noch ein Happy End geben?
Der Roman ist stimmig geschrieben. Einerseits zurückhaltend, nicht auf das große Drama abzielend, andererseits deshalb aber so wahr und berührend.
Spannend fand ich auch den Einblick in die chinesische Geschichte und Kultur.
Dazu gehört auch der Umgang mit den Namen: Haiwen und Suchi haben durch den Roman hinweg die unterschiedlichsten Namen, abhängig davon, ob Shanghai-Chinesisch, Hochchinesisch, Kosenamen, förmliche Anreden oder die amerikanisierten Varianten verwendet wurden. Interessant, aber auch gewöhnungsbedürftig.
Die Zeitsprünge in der Erzählung haben Konzentration erfordert, es wurde nicht chronologisch erzählt.
Auf den unterschiedlichsten Ebenen kein einfacher Roman, aber einer, der nachhallt.