Man begegnet sich im Leben immer zweimal...

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aber kann man das Pflänzchen einer zarten Liebe, einmal verwelkt, wieder neues Leben einhauchen?

Dies ist eine der zentralen Fragen in Karissa Chens Roman "Die Tage nach dem Pflaumenregen". Der Roman umfasst eine Zeitspanne von etwa 70 Jahren, startet im Jahr 1938 Shnaghai und reicht bis ins Jahr 2008 in Los Angeles. Es ist im Kern die Geschichte von Haiwen und Suchi, aus deren Nachbarschaft in frühen Jahren die Sehnsucht nach einem gemeinsamen Leben erwuchs. Bereits in der Kindheit fühlen sich Haiwen und Suchi vor allem auch durch die Musik miteinander verbunden: er ist talentiert im Geigespielen, sie im Singen. Er träumt von einer Karriere als Geigenspieler, sie möchte Sängerin werden. Vor allem aber planen sie eine gemeinsame Zukunft. Doch dann kommt alles anders. Zur Zeit des zweiten Weltkrieges verlieren sie sich aus den Augen, denn Haiwen tritt den Millitärdienst an, zu dem je ein Mann aus jeder Familie verpflichtet ist. Suchi wird von ihren Eltern gemeinsam mit ihrer Schwester von den Eltern ins (vermeintlich) sichdre Hongkong geschickt. Der Kontakt zwischen den Beiden bricht ab.

Ein bekanntes Sprichwort besagt, dass man sich im Leben immer zweimal trifft. In Bezug auf Haiwen und Suchi trifft dies zu. Nach Jahrzehnten der Kontaktlosigkeit, langen Zeiten voller Sehnsüchte und verloren gegangener Träume treffen sie in Los Angeles in der Bubble von chinesischen Emiganten aufeinander. Zwischenzeitlich ist viel passiert, sie haben ihr Leben gelebt, ihr junges Glück jedoch verloren. Sie mussten den Preis für gesellschaftliche und politische Umbrüche zahlen. Sie verloren ihre Träume, ihre Identität, ihren sicheren Hafen und trugen ihre Sehnsüchte mit sich herum. Und nun? Werden Sie wieder zueinander finden? Können Sie den verloren gegangenen Traum wiederfinden?

Das Buch erzählt beide Lebenswege. Den von Haiwan rückblickend und den von Suchi von 1938 ausgehend. Wir lernen die beiden Protagonisten, die sehr komplex und vielschichtig, aber auch sehr authentisch geschildert sind, auf diese Weise sehr gut kennen. Da ich der chinesischen Sprache mächtig bin, habe ich mich nicht schwer getan mit all den fremden Namen und unterschiedlichen Bezeichnungen auch für eine Person. Dies könnte allerdings etwas schwierig sein, wenn man sich mit chinesischen Eigenheiten nicht so gut auskennt. Viel zu lernen gab es für mich aber dennoch: die chinesische Geschichte und Kultur sind Komplex, auch Zeiten der Fremdherrschaft durch Japan. All dies wurde gut in die Geschichte integriert, so dass ich mich zu keiner Zeit belehrt gefühlt habe oder überfordert war. Dieses Buch ist weit mehr als eine zwarte Liebesgeschichte. Eine Leseentdeckung, die mich auch in sprachlicher Hinsicht überzeugt hat.