vielschichtige Erzählung über Erinnerung, Verlust und den langen Schatten der Geschichte

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Karissa Chens Roman „Die Tage nach dem Pflaumenregen“, aus dem Amerikanischen übersetzt von Elke Link, ist weit mehr als eine Liebesgeschichte – er ist eine tiefgründige Auseinandersetzung mit Geschichte, Identität und den Schatten der Vergangenheit. Vor dem Hintergrund des Zweiten Chinesisch-Japanischen Krieges und der politischen Umbrüche des 20. Jahrhunderts erzählt der Roman von persönlichen und gesellschaftlichen Traumata, von Flucht und Heimatlosigkeit sowie von der Schwierigkeit, sich mit der eigenen Vergangenheit zu versöhnen.
Die Handlung beginnt 1938 in Shanghai, als die junge Suchi und der musikalisch begabte Haiwen sich in einer Welt begegnen, die von zunehmenden Spannungen geprägt ist. Als Haiwen sich freiwillig zur Armee meldet, um seinen Bruder zu schützen, hinterlässt er Suchi mit nichts als einer Geige und einer kurzen Nachricht. Die Geschichte springt dann in die 1990er Jahre nach Los Angeles, wo Suchi und Haiwen sich Jahrzehnte später wiedersehen – gezeichnet von den politischen und persönlichen Entscheidungen, die ihr Leben auf unterschiedliche Wege geführt haben.
Chen verbindet das Schicksal ihrer Figuren mit der wechselvollen Geschichte Chinas und der chinesischen Diaspora. Sie zeigt, wie politische Entscheidungen das Individuum formen und wie Krieg, Migration und politische Repression über Generationen hinweg nachwirken. Eindrucksvoll ist, wie der Roman das Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne, Heimat und Fremde beleuchtet.
Stilistisch zeichnet sich Die Tage nach dem Pflaumenregen durch eine poetische, aber zurückhaltende Sprache aus. Die Autorin verzichtet auf große dramatische Gesten und lässt stattdessen die leisen, emotional vielschichtigen Momente für sich sprechen. Die Figuren sind komplex und ambivalent – ihre Widersprüche machen sie umso menschlicher.
Wer eine vielschichtige Geschichte sucht, die persönliche und historische Traumata ebenso sensibel wie eindringlich behandelt, wird mit diesem Roman eine eindrucksvolle Lektüre finden – natürlich auch mit einer Liebesgeschichte.
Fazit: „Die Tage nach dem Pflaumenregen“ ist eine vielschichtige Erzählung über Erinnerung, Verlust und den langen Schatten der Geschichte. Ein Roman, der nicht nur emotional berührt, sondern auch zum Nachdenken über die Verflechtung von Privatem und Politischem anregt.