Der Tanz der Geisteskranken

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
sikal Avatar

Von



Paris 1885: Im berühmten Krankenhaus Salpêtrière werden Frauen eingesperrt, die nicht der Norm entsprechen. Die aufmüpfig sind, depressiv, traumatisiert oder einfach nicht in das Schema passen wollen. Nicht heiraten zu wollen wäre beispielsweise schon ein Grund für die Einlieferung. Stellvertretend für diese Frauen werden hier drei Beispiele herangezogen: Louise, Eugènie und Geneviève.

Louise ist traumatisiert seitdem ihr Onkel sie missbraucht hat. Sie leidet an Hysterie wie von Professor Charcot diagnostiziert wird, der sie regelmäßig vor Publikum unter Hypnose setzt, wo Louise ihre Anfälle zur Schau stellen soll. Bis es zu einem ungeplanten Zwischenfall kommt, erfüllt Louise diese Aufgabe mit Stolz.

Eugènie ist eine selbstbewusste junge Frau aus gutem Haus, die mit Toten sprechen kann. Sie vertraut sich ihrer Großmutter an, die für sie immer eine wichtige Bezugsperson darstellte. Leider wird sie an den patriarchalen Vater verraten, der sie in die Salpêtrière bringt, wo sie erst mal in Isolation gebracht wird und eigentlich nur darauf wartet, wieder frei zu kommen. Sie weiß noch nicht welches Schicksal ihr beschienen ist.

Geneviève ist als Oberaufseherin im Krankenhaus beschäftigt, verehrt Professor Charcot und steht voll hinter dem Mediziner. Doch als Eugènie plötzlich Details aus dem Leben der verstorbenen Blandine ausspricht, beginnt Geneviève in ihrer Standhaftigkeit zu schwanken. Denunziation und Intrige sind allgegenwärtig in der Salpêtrière und so muss Geneviève letztendlich erkennen, dass es noch eine zweite Wahrheit gibt.

Die Autorin Victoria Mas hat ein aufrüttelndes Thema gewählt, welches sie hier gekonnt umsetzt. Die Art und Weise wie Frauen weggesperrt wurden, um die Gesellschaft von diesen zu „säubern“ ist grausam. Wie schnell man als Frau mit einem Stempel versehen und als geisteskrank bezeichnet wurde, ist erschreckend. Auch die Behandlungsmethoden der sogenannten Koryphäen der Medizin sind mehr als fragwürdig.

Wir dürfen uns glücklich schätzen, hier und heute zu leben, um diesem Wahnsinn zu entgehen. Ich weiß nicht was erschreckender ist – dass es Menschen gibt, die Frauen weggesperrt haben, weil sie nicht in ihre Rolle passten oder jene, die sich zum Vergnügen diese anschauten, um beim Kaffeeklatsch wieder ein spannendes Thema zu haben…
Auf jeden Fall ist es ein lesenswertes Buch, dem ich gerne fünf Sterne gebe.