Die Gedanken sind frei

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lilanini Avatar

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"Die Tanzenden" erzählt über einen kurzen Ausschnitt (ca. einen Monat) des Lebens an einer Pariser Nervenheilanstalt im Jahr 1885. Eugénie, die seit ihrem 12 Lebensjahr über spirituelle Verbindungen zu Verstorbenen verfügt und diese Erfahrungen viele Jahre lang geheim hält, wird von ihrer Familie ohne Vorwarnung in diese Anstalt eingewiesen, nachdem sie sich ihrer Oma anvertraut. Dort trifft sie auf die langjährige Pflegerin Geneviève, die durch die Sehnsucht zu ihrer verstorbenen kleinen Schwester Blandine, eine Anknüpfungsmöglichkeit für Eugénie bietet.
Wunderbar leicht beschreibt Victoria Mas die Charaktäre, ihre Familienbeziehungen und die zarte Entwicklung von Vertrauen zueinander. Im Roman wird häufig das damalige Missverhältnis zwischen Männern und Frauen betont, bei dem Eugénies Bruder Theophile eine angenehme Ausnahme einnimmt. So würde sich heute wahrscheinlich keine Frau mehr behandeln lassen. Die spirituellen Fähigkeiten werden nicht hinterfragt und ich stelle mir vor, wie die Gesellschaft heute mit Eugènie umgehen würde...
Außerdem lässt der Roman auch über das heutige Bild von Psychiatrien nachdenken, die aufgrund der beschriebenen und realen Vergangenheit immernoch einen zweifelhaften Ruf besitzen, obwohl psychische Erkrankungen auch heute noch (gefühlt immer häufiger) diagnostiziert werden.