"im Irrenhaus"

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katharina.51 Avatar

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Eine kleine Geschichte, eher eine Novelle als ein Roman aus der jetzt ca. 400 jährigen Historie der Salpetrière, dem bekannten Irrenhaus und jetzt Krankenhaus in Paris, sie wirft ein kurzes Schlaglicht auf das Schicksal einiger Frauen, wir begegnen sogar Jane Avril, die man durch ein Gemälde von Henri de Toulouse-Lautrec kennt.
Die Autorin hat für ihr erstes Werk eine wahre Geschichte gewählt, deren Entdeckung und Recherche sie sicher mit großem Interesse und tiefer Leidenschaft betrieben hat.
Schade, dass sie uns nicht einen kleinen Einblick in ihr Quellenstudium gewährt.
Wir werden nach Paris geführt, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in die berühmt berüchtigte Salpetrière. Dies war für Frauen ein gefährlicher Ort.
Wer sich den Konventionen, oder dem Willen seines Ehemannes widersetzte, konnte dort landen, einem Gefängnis für die, die sich einer eigenen Meinung für schuldig gemacht hatten, für Frauen gefährlich.
Erst als der berühmte Arzt J.M. Charcot kam, änderte sich langsam etwas. Er wollte nur wirkliche Hysterikerinnen, Epileptikerinnen und Geisteskranke aufnehmen. Die Hoffnung war groß, aber die Wissenschaft der Neurologie und der Psychologie noch ganz am Anfang.
"Deshalb konnte sich keine Frau je sicher sein, wegen ihrer Äußerungen, ihrer Eigenart oder ihrer Ideale nicht doch sich hinter den gefährlichen Mauern im dreizehnten Arrondisement sich wieder zu finden."
So geschehen mit Eugénie, einer Tochter aus gutem Hause. Sie will die für sie von der Gesellschaft vorgesehene Rolle partout nicht akzeptieren.
Sie kommt in Kontakt mit, für diese Zeit bekannten spirituellen Schriften und fühlt sich in ihrem inneren Geschehen verstanden und bestätigt.
Das ist der Grund für die Einlieferung von seiten der Familie in die Salpetrière. Zuhause geht das Leben weiter, als hätte sie nie existiert, sie wurde ausgelöscht, weil sie eine Schande geworden war.
"An diesen Ort der Hölle, mitten in Paris, kamen die meisten Frauen durch Männer, deren Namen sie trugen." Ohne Ehemann oder Vater haben sie keinerlei Unterstützung mehr, wird ihrem Leben keinerlei Aufmerksamkeit mehr geschenkt.
Ein einziger Abend im Jahr, ein Maskenball bringt sie kurz in Kontakt mit der Außenwelt, sie können sein wer sie wollen, dochdas ist ein zweifelhaftes Vergnügen.

Ein kleines Buch, vor dem Hintergrund eines riesigen Themas.
Victoria Mas schreibt in einer klaren schnörkellosen Sprache, doch äußerst sensibel; treffende Erkenntnisse, Wahrheiten und Essenzen, historisches Wissen spannend verwoben in einem Buch.
Mir hat es ganz gut gefallen. Es kann ein Anstoß sein für Interessierte, sich tiefer mit dem angerissenen Thema zu beschäftigen. Die Quellen dazu sind zahlreich.
Noch ein letztes Wort zum Buchumschlag: Ich finde ihn schön, allerdings total unpassend zum Thema, sogar irreführend.
Macht nichts, schon des Covers wegen hätte ich das Buch gekauft.
Ziel erreicht.