Die Frau als Schachfigur im Spiel der Macht

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kermit80 Avatar

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Das 12. Jahrhundert war bestimmt kein leichtes Zeitalter. Schon gar nicht als Frau. Kein Mitbestimmungsrecht, kein Selbstbestimmungsrecht, … eigentlich so gar keine Rechte, nur Pflichten: Gehorsamkeit, Erben schenken, Bündnisse sicherstellen, usw. Eingebettet in eine Zeit, in der Frauen nur Spielzeuge der Mächtigen waren, zeichnet sich eine starke Frau ab, die diesen Zustand nicht akzeptieren wird.

Gwenllian wird als Tochter eines der einflussreichsten Fürsten der Briten der damaligen Zeit geboren. Als Ihr Vater stirbt, beginnt ein langer Kampf zwischen ihren Brüdern um das Erbe und um neue Bündnisse. Denn die Normannen bedrohen das Land und das Fürstentum. Bündnisse müssen eingegangen werden, Kämpfe und Kriege vermieden oder gewonnen werden. Und Mitten drin Gwenllian (gerade mal 14 Jahre alt), als Schachfigur in diesem großen Spiel der Macht. Fast schon zerrieben zwischen ihren Brüdern und deren Machtkampf, soll sie an normannische Bündnispartner verheiratet werden. Doch Gwenllian hat andere Pläne für ihr Leben und vor allem für ihre britische Heimat. Und sie ist bereit, dafür zu kämpfen. Allen Widrigkeiten zum Trotz. Zuerst stur und unkontrolliert, später diplomatisch und strategisch.

So entspinnt sich eine atemberaubende Geschichte über Macht, Intrigen, Rebellion, Leid, aber vor allem auch Stärke. Denn schon nach wenigen Seiten spürt man die Kraft und den Ausdruck, den die weibliche Hauptfigur ausstrahlt. Die Autorin hat einen tollen, packenden Schreibstil. Sie verleiht Gwenllian einen tiefen Charakter, zeigt immer wieder die Konflikte, die sie im Inneren austrägt. Man kann regelrecht mitfühlen. Auch erlebt man die Entwicklung Gwenllians über die Lebensjahre hinweg hautnah mit. Einfach super geschrieben.

Mein Lieblingszitat aus dem Buch (keine Angst, wird kein Spoiler):
„Ihr seid eine Königin. Das habe ich im ersten Moment erkannt, und es hat nur wenig mit dem Blut in Euren Adern zu tun, sondern mit dem was in diesem grünen Feuer (Anm. ihren Augen) brennt“

Ein absolut lesenswertes Buch.

Mir drängt sich nach dem Buch nur noch eine wichtige Frage auf:
„Haben wir uns seit dem Mittelalter wirklich weiterentwickelt?“
Auch heute noch müssen Frauen für ihre Rechte kämpfen. Noch heute führt das Streben nach Macht und Einfluss zu so viel Leid und Elend. Noch immer sind Menschenleben Karten im Poker der Mächtigen.