Frauen ohne Stimme

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alasca Avatar

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Der Autor lässt sich Zeit: In klarer, schnörkelloser Sprache präpariert er auf 42 Seiten die Bühne. Das kommt durchaus drastisch rüber, aber nicht reißerisch, obwohl das Thema dazu hätte verleiten können. Stattdessen harter Realismus - passenderweise, denn es geht um ein wahres Geschehen. Trotzdem oder gerade deshalb dürfte das typische Serienmord-Publikum mit diesem Stoff nicht viel anfangen können. Das Setting ist bevölkert mit Menschen, die kämpfen und verlieren und sich durchschlagen, so gut sie können. Der Autor zeichnet differenzierte Charaktere und enthält sich dabei jeden Urteils - spontane Identifikation war bei mir das Resultat.

Wir lernen den Protagonisten kennen, seine Situation, sein Umfeld. Kelly, apathisch und ausgelaugt durch Drogensucht, hat seine (noch) unbekannte Geschichte nach Ciudad Juaréz verschlagen, direkt hinter die US-amerikanische Grenze. Er hält sich als Verlierer von fingierten Boxkämpfen und mit kleineren Drogendeals über Wasser - und liebt Paloma, seine mexikanische Freundin, die sich bei den Mujeres sin Voces, den Frauen ohne Stimme, engagiert, die versuchen, das Rätsel der vielen verschwundenen Frauen von Juaréz zu lösen.

Die Stimmung ist düster und erinnert von Thematik und Setting an Don Wilson, Tage der Toten, hat aber nicht ganz das Tempo; ich würde mir wünschen, dass die weitere Geschichte mehr Fahrt aufnimmt. Auf jeden Fall ein interessanter Erstling, mit einer tollen Schreibe.