Historischer Krimi im Paris der 1940er Jahre

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aoibheann Avatar

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Eduard Giral ist Polizist der Pariser Polizei und wird eines Tages mit zwei sehr unterschiedlichen und doch sehr weitreichenden Ereignissen konfrontiert. Zum einen marschieren die Nazinalsozialisten in Paris ein und übernehmen dort die Macht. Zum anderen muss er den Mord an vier ermodeten Polen am Gare D'Austerlitz untersuchen. Dabei wird er mit seinen Erlebnissen aus dem ersten Weltkrieg konfroniert, die er nie wirklich verarbeiten konnte. Die Übernahme der Stadt durch die Deutschen erschwert Girals Arbeit ungemein und seine Ermittlungen gleichen einem Tanz auf Messers Schneide.

Der Anfang des Buches war wirklich gut und vielversprechend. Der Anspannungen, die durch die permant anwesenden Deutschen Besatzer ausgelöst werden, sind deutlich spürbar. Ebenso die Abneigungen beider Parteien, die unterschiedlichen Ansichten und auch die Ängste und Verunsicherungen. Wie überall gibt es Nutznießer, die sich den Besatzern anbiedern und auf eine neue und glorreiche Zeit - vor allem für sich selbst - vorhersehen. Das "alte" Paris scheint wie eine Erinnerung aus einem weit entfernten Leben. Von der viel gepriesenen Leichtigkeit ist nichts mehr zu merken, jeder versucht das Leben auf seine Weise zu "überstehen".
Unter diesen Bedingungen eine Mordermittlung zu führen, deren Opfer auch noch zu den vielgehassten Polen gehören, erscheint beinahe aussichtslos. Ich war also sehr gespannt darauf, wie sich hier die Ermittlungen und politische Lage ergänzen. Leider driftet die ganze Geschichte letztlich in so viele Einzelheiten ab, die nur noch weit entfernt mit dem Mord zu tun haben. Ich verstehe schon die Intention dahinter, aber mir hat die Umsetzung nur mittelmäßig gefallen. Eduard Giral gefällt mir als Hauptfigur sehr gut, er ist nicht durch und durch patriotisch, hat mit seinen eigenen Problemen zu kämpfen und versucht einfach nur, in dieser Welt zurechtzukommen. Dabei hadert auch immer wieder mit sich selbst, ob seine Handlungen vertretbar sind und wem sie nützen. Er moralisiert nicht, im Gegenteil, er hat viel Verständnis für die Umstände der Menschen um sich herum.
Alle anderen regelmäßig auftretenden Figuren blieben mir leider sehr fremd und ich wurde kein Stück mit ihnen warm. Vielleicht liegt es auch daran, dass der Fokus der Geschichte sich irgendwann von den Mordermittlungen zum Machtwechsel in Paris in den Verflechtungen zwischen Wahrmacht und Gestapo verlagert hat. Diese Teile nehmen viel Platz ein und ich muss gestehen, dass ich sie zum Teil sehr ermüdend fand.
Die Auflösung des Mordfalls erfolgt dann am Ende auf den letzten Metern, als ob sie noch schnell ins Buch müsste.

Das ist wirklich schade, denn das Buch hat gut angefangen und die Geschichte hätte viel Potential für einen mitreißenden Polit-Thriller gehabt, leider verliert sich der Autor im Lauf der Geschichte in politischen Details und Verschwörungen, so dass die eigentliche tragische Geschichte auf der Strecke bleibt.