Spannendes Verwirrspiel

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marialein Avatar

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Am 14. Juni 1940, dem Tag, an dem die Deutschen in das eroberte Paris einmarschieren, soll der französische Polizist Édouard „Eddie“ Giral in gleich fünf Todesfällen ermitteln: Vier Männer wurden in einen Eisenbahnwaggon eingeschlossen und mit Giftgas getötet, ein anderer stürzt sich aus seiner Wohnung zu Tode. Alle fünf scheinen aus der gleichen Stadt in Polen zu kommen, doch wie hängen die Vorfälle zusammen?

Eddies Arbeit wird nicht gerade erleichtert dadurch, dass die Deutschen der Stadt ihre eigenen Regeln, bis hin zur Uhrzeit, auferlegen und er nun sehr aufmerksam von dem deutschen Major Hochstetter beobachtet wird. Dass Eddie sich vor Hochstetter in Acht nehmen muss, ist ihm klar, doch welches Spiel wird hier genau gespielt?

Zwischen Gestapo, Wehrmacht, Geheimer Feldpolizei sowie polnischen und amerikanischen Zivilisten, die sich alle irgendwie in Eddies Arbeit einmischen, weiß der Polizist bald nicht mehr, wem er noch vertrauen kann. Richtig kompliziert wird es, als auf einmal sein verlorener Sohn Jean-Luc auftaucht, der von seiner Truppe getrennt wurde und anscheinend fest entschlossen ist, sich selbst in Gefahr zu bringen, indem er einen Nazi umbringt…

Die Figur des Ich-Erzählers prägt die gesamte Handlung und tatsächlich ist sie auch ziemlich markant ausgearbeitet. Trotz einiger Macken und Fehler ist Eddie ein sehr sympathischer Charakter, der sich unerschrocken für Gerechtigkeit einsetzt und mit seinen provokanten Äußerungen auch den kaltblütigsten Nazi auf die Palme treiben kann. Einwänden, dass es angesichts des Schreckens des Zweiten Weltkriegs doch nicht auf die paar Tote mehr oder weniger ankommt, stoßen bei ihm auf taube Ohren. Und genau das finde ich in diesem Roman bei all der Grausamkeit, die das Thema mit sich bringt, die wichtigste Botschaft: dass man sich in jeder Situation seine Menschlichkeit bewahren kann.

Durch die komplexen Verwicklungen und Rückblicke in Eddies Vergangenheit, die ihrerseits mit der einen oder anderen überraschenden Wendung aufwarten, geht der eigentliche Kriminalfall zwar fast ein wenig unter, aber schließlich werden die Morde natürlich doch aufgeklärt und bringen eine noch viel größere Sache ans Tageslicht. Spannung bietet der Roman auf jeden Fall reichlich.

Auch der Erzählstil ist mal etwas ganz anderes, da er so gut den Balanceakt schafft, einerseits den historischen Hintergrund faktentreu und pietätvoll wiederzugeben, andererseits dem Erzähler seine authentische „schnoddrige“ Stimme zu verleihen.

Für Krimifans ist der Roman auf jeden Fall zu empfehlen – auch wenn er so viel mehr enthält als den reinen Kriminalfall. Eine sehr spannende, komplexe Lektüre.