Trockene Kost

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egan80 Avatar

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14. Juni 1940, Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Paris. Für Inspektor Giral aber erst einmal zweitrangig, denn er hat einen neuen Fall. Vier polnische Flüchtlinge wurden tot in einem Bahnwaggon aufgefunden, und die Mordmethode weckt bei Giral ungute Erinnerungen an seine Erlebnisse im ersten Weltkrieg.

Giral beginnt zu ermitteln, muss sich aber in einem zunehmend komplexen Geflecht von loyalen und intriganten Kollegen, Widerstandskämpfern und Kriegsgewinnlern zurechtfinden. Zu allem Überfluss tritt just zu diesem Zeitpunkt auch noch Girals entfremdeter Sohn Jean-Luc zurück in sein Leben, der sehnlichst die Wehrmacht bekämpfen möchte, und seinen Vater für einen feigen Opportunisten hält...

Ein Krimi bzw. Thriller im Kontext des zweiten Weltkriegs spielen zu lassen, ist per se nicht besonders originell; “Fatherland” und “The man in the high castle” haben sich mit der Fiktion eine Sieges der Nazis befasst, “Der dritte Mann” spielt zwischen den Grauen des vergangenen und dem sich abzeichnenden kalten Krieges. Allen diesen Romanen ist gemein, dass wir als Leser den Protagonisten voraus haben, die Grauen des Holocaust zu kennen, und die Handlung mit diesem Wissen einordnen zu können.

“Die Toten von…” wirkt, als wäre der Roman explizit mit dieser Intention geschrieben worden. Die gesamte Handlung ist eingebettet in eine moderne Interpretation der historischen Ereignisse, und nutzt Tricks und Kniffe, um teils banale und für die Geschichte vollkommen irrelevante Bezüge zu tatsächlichen Ereignissen einzufügen. Dabei zerfasert die Handlung aber völlig; letztlich ist die Auflösung der Morde, der Höhepunkt des Romans, nur ein Epilog, der wirkt, als hätte Chris Lloyd sich im letzten Moment noch daran erinnert, einen Abschluss für “Die Toten von…” zu schreiben.

Und darin liegt des Pudels Kern: “Die Toten von…” berührt, macht nachdenklich, teils betroffen - leistet sich aber den einen Kardinalfehler, den ein Krimi / Thriller sich nicht leisten darf: der Roman ist in weiten Teilen sterbenslangweilig.

Für mich war “Die Toten von…” eine echte Enttäuschung. Während die Eröffnung noch Hoffnung auf einen spannenden Roman macht, ist der Rest einfach vollständig am Thema vorbei - welches auch immer hier anvisiert wurde.