Fesselnder Zeeland-Krimi

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Liv de Vries, Hoofdinspecteur der Landespolizei, gibt stets alles. So auch bei einem Einsatz, der außer Kontrolle gerät. Ihr Vorgesetzter Adriaan Verlaat nimmt sie aus der Schusslinie und betraut sie mit einem, wie es den Anschein hat, banalen Vermisstenfall. Dafür muss sie in die niederländische Provinz Zeeland, ihre neue Kollegin Noemi Bogaard begleitet sie.

Rob van Loon ist von einem Kurztrip nicht zurückgekehrt, seine Freundin macht sich große Sorgen. Die Recherchen zu diesem Fall führen unter anderem zurück zu einem seit zehn Jahren vermissten Mädchen mit surinamischen Wurzeln. Esmée. Gibt es einen Zusammenhang? Liv gräbt tief, dabei kommt sie einer sehr rechten Gruppe ins Gehege. Und nicht genug damit - ein Journalist wird in seinem Haus tot aufgefunden. Er wetterte gegen Flüchtlinge und Asylanten, sein Tod jedoch soll ein häuslicher Unfall gewesen sein. Der Rechtsmedizinerin Ann-Remi fallen Merkwürdigkeiten auf, ihr Chef jedoch verbietet ihr jegliche Einmischung, der von ihm diagnostizierte Herzinfarkt, dem ein Treppensturz folgte, ist unumstößlicher Fakt.

Es kommt noch so einiges mehr ans Tageslicht, der eigentlich profane Vermisstenfall erweist sich als äußerst vielschichtig. Liv und Noemi arbeiten mit der örtlichen Polizei zusammen, auch hat Ann-Remi ihren ermittlerischen Anteil.

„Die Toten von Veere“ führen in einem weiteren Erzählstrang zurück in den Oktober 1944 auf die Halbinsel Walcheren nach Westkapelle. Es war in den letzten Kriegswirren des Zweiten Weltkrieges, die Alliierten bombardierten die Deiche, das einströmende Wasser wurde den Bewohnern zum Verhängnis.

Maarten Vermeers vielschichtig angelegter Zeeland-Krimi lässt die rechtsradikale Szene in all seiner Hässlichkeit mit einfließen. Und es gibt Parallelen zu den Kriegsereignissen von damals und dem offenen Hass den Deutschen gegenüber. Die einzelnen, komplexen Handlungsstränge stehen jeder für sich, jedoch führen sie eher oder später alle zusammen. Zunächst ist unklar, was die damaligen Ereignisse in Westkapelle mit dem Heute zu tun haben. Das ganze Ausmaß dessen wird erst ziemlich zum Schluss in all seiner erschreckenden Gänze sichtbar. Auch wird so manche Figur, die anfangs reell und integer scheint, entzaubert. Allesamt sind sie glaubhaft dargeboten, sie sind sympathisch oder eher das Gegenteil, mit so manchem möchte man nichts zu tun haben.

Ein wenig hineinschnuppern, ein wenig hineinlesen wollte ich in „Die Toten von Veere“ und bin direkt hängen geblieben. Die 575 Seiten lesen sich weg wie nix. Die Ermittlungen stehen im Vordergrund, sie geben auch Raum für das Zwischenmenschliche und den geschichtlichen Hintergrund, die politisch aufgeheizte rechte Szene ist leider allgegenwärtig, auch sie darf und sollte nicht ausgeklammert werden. Es ist ein spannender, extrem fesselnder Krimi vor herrlicher Kulisse – sehr lesenswert.