Mitten rein in die schwedische Provinz ...

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Als Nichtkenner der ersten drei Bücher der Krimi-Reihe hat man es einigermaßen schwer im neuen Läckberg-Thriller. Auf den ersten Seiten springen wir in grundverschiedene Szenarien, taumeln orientierungslos zwischen Polizeirevier, Rathaus, Dorfdisco  und Reihenhaus-Idylle umher und müssen uns erst mühsam die anderen Lesern vielleicht schon so vertraute Figurenkonstellation im Läckbergschen Kleinstadt-Kosmos erarbeiten. Zugegeben, das schreckt ab.

Zeitgleich jedoch entwirft die Autorin mit kurzen Sätzen ganz fabelhafte Charaktere, die sofort ein Bild im Kopf entstehen lassen. Camilla Läckberg tut das ganz geschickt, indem sie uns anfangs mit genau den Klischees bedient, die wir brauchen, um einen Stereotyp zuzuordnen - nur um einige Absätze später Anspielungen einzustreuen, die unsere vorgefasste Meinung teilweise revidieren und uns damit eben erst wirklich neugierig auf die Figuren machen. So wird selbst aus der blonden BB-Barbie und der sie begleitenden "Ritzerin" ein ambivalentes Gespann auf dem Weg in eine offensichtlich von BIG BROTHER inspirierte Reality-Show, ein angejahrter Frauenheld entdeckt überraschend Gefühle, die neue Polizistin erscheint trotz ihres Ehrgeizes sympathisch, weil sie genau jenen offen zugibt ... und der obligatorische Krach eines gleichgeschlechtlichen Paares, in dem es (natürlich) um gesellschaftliche vs. private Normalität geht, fügt sich trotz der zitierten Klischees gut in die Geschichte ein.

Die Ermittlung beim Autounfall erzeugt Spannung durch Weglassen. Eigentlich erfahren wir gar nicht viel, selbst der Kommissar hat nur "irgend so ein Gefühl", dass etwas nicht stimmt - trotzdem sind wir live vor Ort und baden in den geschickt platzierten Details der Geschichte. Natürlich werden alle auf den ersten zwanzig Seiten anklingenden Handlungsstränge zu einem großen Gesamtbild zusammenlaufen; aber bei diesem Buch bin ich (im Gegensatz zu vielen Routine-Baukasten-Krimis der letzten Zeit) ehrlich gespannt darauf, zu erfahren, ob das gelingt. Vielleicht mag ich mich auch einfach nur noch nicht von Läckbergs lebendigen Charakteren trennen, wer weiß das schon ...