Poetisch-melancholische Kindheitserinnerungen in phantastischer Prosa

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Ich gebe zu, das Cover war es nicht, was mich bei diesem Buch angezogen hat (viiiel zu nüchtern, beinahe langweilig), sondern der Titel. "Die Überlebenden" hat mich irgendwie sehr berührt, denn es weckte gleich so viele unterschiedliche Assoziationen. Benjamin, Pierre und Nils kann man wohl als Überlebende ihrer Kindheit bezeichnen. In sehr poetischer Sprache beginnt der Roman mit Kindheitserinnerungen, die nostalgisch, aber vor allem melancholisch stimmen. Der Schreibstil ist elegant, voller schöner Metaphern, die mich sehr berühren. Beim Lesen hatte ich das Gefühl, mit einzutauchen in den Badesee, aber auch mit am Tisch zu sitzen und die unangenehme Spannung ertragen zu müssen, die in der Luft liegt. Es entsteht schnell der Eindruck, dass es sich hier um keine harmonische Familie handelt, zu viel Angst vor dem Vater liegt in der Luft.

Diese angespannte Stimmung haben die drei Brüder auch mit in die Gegenwart genommen. Nach dem Tod der Mutter müssen sie zwangsläufig wieder Kontakt aufnehmen, aber man merkt ihnen an, dass viele alte Wunden nur oberflächlich verheilt sind. Der unmittelbare Gewaltausbruch beim Wiedersehen macht einen schon sehr betroffen und ist irgendwie befremdlich. Und da stelle ich mir die Frage, was alles damals im Sommerhaus passiert ist. Hatten sie "nur" eine schwierige Familie, oder könnte man sogar von Misshandlungen sprechen? Wieso haben sie sich nicht gemeinsam gegen die Eltern verbündet, sondern sich so voneinander entfremdet? Oder hatten sie unterschiedliche Wahrnehmungen ihrer Kindheit?

Diese Geheimnisse aus der Vergangenheit verlangen geradezu danach, aufgedeckt zu werden, und ich bin wirklich neugierig auf das Buch. Gerade auch die Sprachgewalt, das Poetische, die vielen Metaphern machen mir große Lust auf "Die Überlebenden".