Dysfunktionale Familie

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Die Brüder Benjamin, Pierre und Nils kehren zum Ort ihrer Kindheit zurück, um die Asche ihrer verstorbenen Mutter zu verstreuen. Ihre Kindheit war nicht perfekt, was Schulman hier dramaturgisch von Beginn an einflechtet. Benjamin erzählt sie Geschichte der drei Brüder, die nicht immer frei von Spannungen war, und die seiner Eltern. Beide oft betrunken, die Mutter jähzornig, die Kinder vernachlässigt und weitestgehend auf sich allein gestellt, wenn sie die Sommer am See verbringen. Während sich der Älteste emotional distanziert, ist Benjamin der Beobachter, der jede Eskalation vermeiden möchte.

Unaufgeregt und mit klarer Sprache erzählt der Autor die Geschichte in zwei Handlungssträngen. Er beginnt in der Gegenwart, in der sich die Brüder als Erwachsene prügeln, dass die Polizei geholt wird. Das Einzigartige daran ist, dass dieser Teil rückwärts erzählt wird. Die Kapitel enden an Punkten, die eine Berührung zur Vergangenheit hat, die im zweiten Handlungsstrang vermittelt wird. Aus der Kindheit werden chronologische viele prägende Erinnerungen erzählt. Das alles hat mir sehr gut gefallen. Ebenso der Plottwist kurz vor Ende, der doch ziemlich erschütternd und schockierend war. Ein Drama um Schuld, Versöhnung, Ängste und Hoffnung.

Leider konnte ich auf Grunde der nüchternen Sprache keine Beziehung zu den Brüdern aufbauen, die Geschichte plätscherte dahin. Vielleicht waren es auch nur die Aneinanderreihungen einzelner Episoden, die kein wirkliches Gesamtbild für mich ergaben. Auch wenn sie mir an mancher Stelle leidgetan haben, im Innersten konnten sie mich nicht berühren. Psychologisch waren alle Momente greifbar konstruiert. Aber eben konstruiert. Schade, denn ich hatte große Erwartungen an das Buch, das von vielen hochgelobt wurde.