Emotional aufwühlen *TW*

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chocalaccino Avatar

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„Doch jetzt lagen die einzelnen Geschichten wie Legobausteine vor ihnen verstreut, und Benjamin wusste nicht, wie er sie zusammenfügen sollte.“

Mit „Die Überlebenden“ hat uns Alex Schulman ein Buch geschenkt, welches bis zur letzten Seite unergründbar bleibt, immer wieder wird man überrascht und eine scharfe Wendung tritt ein. Wir begleiten drei Brüder, Nils, Benjamin und Pierre, wobei wir am meisten dazu verleitet werden, mit Benjamin mitzufühlen. Die drei haben sich aus den Augen verloren, aber durch den Tod ihrer Mutter werden sie in ihre Vergangenheit katapultiert, an das Haus am See, das Haus ihrer Kindheit.

Das Buch wird in zwei Erzählstrengen jeweils als der Vergangenheit in die Gegenwart und aus der Gegenwart in die Vergangenheit erzählt, bis die Geschichten sich am Ende des Buches treffen.

Die gesamte Geschichte ist emotional sehr erdrückend, ich war des Öfteren erschrocken über die rohe Gewalt, und ebenso über die Gefühlslosigkeit. Hängen geblieben ist bei mir die Geschichte mit dem Fisch, der lebendig gegrillt wurde.

Ich habe die Kraftlosigkeit beim Wettschwimmen gefühlt, noch mehr aber die Enttäuschung, dass die Eltern nicht am Ziel auf Ihre Jungs gewartet haben.
Als die Brüder sich streiten fragt sie Mutter nicht nach dem Kind welches bewusstlos auf dem Boden liegt, sondern fragt direkt, was die Brüder ihrem Lieblingssohn angetan haben. Die Mutter wird oft mit einem Weinglas in der Hand beschrieben.
Der Vater wird aggressiv, wenn er trinkt. Alle in der Familie haben ein hohes Aggressionspotenzial, eine niedrige Hemmschwelle. Die Brüder halten vor den Eltern zusammen, in der Schule tun sie so, als würden sie sich nicht kennen.
„Was für ein Irrenhaus!“ sagt der älteste Bruder immer wieder.

Das Buch ist unergründbar, man fühlt mit jedem mit, wird wütend, wenn etwas Unfaires passiert, kann manche Situationen nicht nachvollziehen, andere total. Das Buch schafft es trotzdem, dass man im Laufe des Buches jede Aktion, jede Reaktion auf ein Erlebnis verstehen kann, nicht immer sofort, aber durch dieses Buch lernt man, auch einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.

Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen, ich habe es innerhalb eines Abends gelesen. Die Naturbeschreibungen, in der sich die Brüder immer wieder aufgehalten haben, haben es geschafft, dass man wirklich das Gefühl hatte, mit den dreien im Wald, am See, bei ihrem Ferienhaus in sommerlicher Idylle zu sein.

Lest das Buch, wenn ihr überrascht werden wollt, es lohnt sich.

Triggerwarnung (Tod/ sterben; Suizidalität; Gewalt; Krankheit)