Harter Stoff

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kalli Avatar

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Die Überlebenden von Alex Schulman ist definitiv keine leichte Kost. Das Cover mit seinen Brauntönen und den zwei abgebildeten Jungs deutet nur weniges vom Inhalt an.
Im Vorwort erklärt sich Schulman auf angenehme Weise: was seine Verbindung zu dem Buch ist, die autobiografischen Aspekte, die über allem schwebende Frage. Das ist definitiv hilfreich. Mir zumindest half es etwas beim Abgrenzen vom gelesenen.
Abgrenzung ist bei diesem Buch jedenfalls vorteilhaft: die Geschichte der drei Brüder im Sommerhaus geht durch Mark und Bein: Verwahrlosung, Alkoholismus, Tierquälerei, Gewalt beschreiben nur annähernd die Erlebnisse der Kinder in ihren Sommerferien. Es wird ein eindringliches Bild gezeichnet, wie Geschwister mit einer desolaten Familiensituation aufwachsen, unterschiedlich umgehen, langfristig leiden. Wie (emotionale) Abhängigkeit durch Eltern verletzt werden kann. Wie Menschen in eine langanhaltende Gelähmtheit geraten, wenn die Familienstrukturen nicht tragen, alle um einen herum unberechenbar sind.
Die Erzählweise Schulmans durchdringt diese beklemmende Kindheit, in dem er zwischen den Zeiten hin und hergespringt. Zum einen verbindet das die Erlebnisse und durchleuchtet die Entwicklungspfade der Geschichten und Eigenheiten. Zum anderen schafft es ein Minimum an Auflockerung, um die Verwahrlosung, die quälende Ungewissheit zu unterbrechen.
Die Perspektive der drei Brüder hat mir gut gefallen, da ihr stark unterschiedlicher Weg durchs Leben sehr authentisch wirkt und eine gute Dynamik eröffnet.
Fazit: dieses Buch ist nichts zum entspannten Schmökern - es ist ein sehr gut gemachtes Buch, das tiefer geht, uns auch mal den Spiegel vorhält und uns fesselt mit seinen drastischen Gefühlswelten.