perfekte Mischung aus sorgenloser Kindheit und düsterer Nostalgie

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yoshi94 Avatar

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4.5 Sterne | "Die Überlebenden" ist ein Buch bei dem ich schon nach wenigen Kapiteln wusste, dass ich das selber gerne geschrieben hätte. Allein der Aufbau der Geschichte, wie die Gegenwart rückwärts abläuft und die ersten und letzten Sätze dieser Kapitel sich überschneiden ist etwas, worauf ich selbst sehr gern gekommen wäre.
Das Vorwort des Autors hat mir wirklich gut gefallen und auch geholfen die eigene Erwartungshaltung anzupassen. Wobei ich sagen muss, dass es ihm nicht ganz gelungen ist zu erkunden was dafür sorgt, dass Geschwister sich auseinander leben. Man sieht deutlich, dass dies sein Startpunkt ist aber das fertige Buch ist ein wenig anders. Das ist an sich nicht weiter schlimm, kann aber schon ein wenig enttäuschen.

Die Geschichte rund um die drei Brüder Benjamin, Pierre und Nils ist deutlich düsterer als erwartet. Die drei hatten sicherlich schöne Sommer aber unbeschwert war deren Kindheit auf keinen Fall. Nils bleibt durchgehend distanziert, lediglich Pierre und Benjamin hatten früher eine etwas engere Verbindung. Gerade Benjamin ging mir an einigen Stellen unter die Haut wie er schon in so jungen Jahren so treffend seine Umwelt beobachtet und analysiert. Diese ruhige in sich gekehrte Person, die sich einfach ein friedliches Miteinander wünscht hat mich stellenweise an mich selbst erinnert.
Prinzipiell kann man die Geschichte wunderbar an einem Sonntag lesen mit einer kleinen Pause dazwischen. Ich selber habe mir ein wenig mehr Zeit gelassen, denn es wurde schon stellenweise unterschwellig sehr düster. Trotzdem ist die Aufarbeitung der Kindheit unglaublich spannend gestaltet und atmosphärisch sehr intensiv. Gerade das hoch emotionale Ende hat mich überrascht, denn so eine deutliche Auflösung habe ich nicht erwartet. Am liebsten hätte ich direkt von vorne angefangen wieder angefangen zu lesen. In meinen Augen eignet sich das Buch wunderbar zum dazu, weil es viele Hinweise gibt, die nach und nach aufgelöst werden ohne zuvor zu wissen, dass dies möglich ist. Ich freue mich auf jeden Fall jetzt schon darauf irgendwann wieder zu den drei Brüdern zurück zu kehren, auch, wenn es ziemlich bedrückend ist. Denn Schulman schafft es gleichzeitig die Brüder auch Kinder sein zu lassen und diese sorgenlosen, unschuldigen Jahre wunderbar einzufangen.

Ein kleiner Wermutstropfen für mich ist das Cover. Einerseits passt es wunderbar zu diesen eher düsteren Melancholie und Nostalgie. Aber viel lieber hätte ich gerne das Sommerhaus und/oder den See gesehen wie auf den portugiesischen, dänischen oder niederländischen Ausgaben.