Schwierige Familie

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Das Buch erzählt die Geschichte einer sehr schwierigen Familie. Die Eltern sind dem Alkohol zugeneigt, die Kinder zu einem gewissen Grad vernachlässigt, genau wie die Familienwohnung. Die Mutter, offensichtlich mit ihrem Leben unzufrieden, ist sehr launisch, ihre Stimmungen wechseln im Minutentakt. Sie ist völlig unberechenbar, hat keine klare Linie in ihrer Erziehung und gibt ihren Kindern keine Sicherheit. Sie diszipliniert ihre Söhne durch Liebesentzug. Auch die Beziehung der Eltern untereinander ist schwierig und gleicht einer Achterbahnfahrt.
Die Söhne reagieren unterschiedlich. Der Älteste entzieht sich, geht auf Abstand, der Mittlere versucht mit ausgefahrenen Antennen jede Stimmung einzufangen, aus Angst, dass die Familie auseinanderbrechen könnte und der Jüngste wird zunehmend aggressiv. Auch die Beziehung der Jungs untereinander ist sehr widersprüchlich. Auf der einen Seite ist da die Rivalität der Brüder um die Gunst der Eltern, auf der anderen Seite halten sie zusammen und unterstützen sich in Krisensituationen.
Die Geschichte spielt auf zwei Erzählebenen. Zum Einen in der Vergangenheit, in der die Kindheit beschrieben wird, die nicht nur aus seelischen Grausamkeiten besteht, sondern auch schöne Aspekte hat. Zum Anderen in der Gegenwart, nach dem Tod der Mutter, als die drei Brüder versuchen, Vergangenheitsbewältigung zu betreiben und ihre Kindheit mit allen seelischen Verletzungen aufzuarbeiten.
Die Ereignisse in der Vergangenheit werden im Imperfekt erzählt, während die späteren Ereignisse im Präsens geschrieben wurden. Keine schlechte Idee, gutes Stilmittel. Die Vergangenheit wird chronologisch geschildert, während die Gegenwart rückwärts erzählt wird. Letzteres war nicht mein Ding.
Die ganze Tragweite der Familientragödie sieht der Leser erst ganz am Schluss, hier kommt noch ein überraschender Gänsehautmoment, der das Verhalten der einzelnen Protagonisten erst verständlich macht und auch die seelischen Nöte nochmals klarer heraustreten lässt.
Alles in allem ein sehr schönes Buch, das ich unbedingt empfehlen kann und das sehr nachdenklich macht.