Überraschend

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Mit dem Schluss ist es bei Romanen ja so eine Sache, finde ich. Oft ist es so, dass ich am Ende die Sätze eher überfliege, weil die Handlung vorhersehbar und wenig überraschend, wenn nicht sogar langweilig, ist. Dies war jedoch bei „Die Überlebenden“ auf gar keinen Fall so. Hier hat mich das Ende völlig überraschend getroffen, fast so wie ein unerwarteter Schlag ins Gesicht (wenn man einen bildlichen Vergleich sucht). Das passiert mir beim Lesen sehr, sehr selten und ist ein Grund, warum ich von dem Buch so begeistert bin.
Der andere Grund ist die psychologische Raffinesse, mit der der Autor die Geschichte der drei Brüder Nils, Benjamin und Pierre erzählt. Die Handlung ist aufgeteilt in zwei Zeitstränge, die sich immer wieder abwechseln, so dass man Stück für Stück erfährt, wie die Ereignisse aus der Vergangenheit zu der Situation in der Gegenwart beigetragen haben.
Alex Schulman schafft es, durch eine dichte Erzählweise, die auf eine Art die Dinge eher nüchtern beschreibt, sehr reale Emotionen bei den Leser*innen zu wecken. So hatte ich beim Lesen durchgehend ein bedrückendes, beklemmendes Gefühl, da im Buch eine toxische Eltern-Kind-Beziehung beschrieben wird, geprägt von emotionaler Unreife der Eltern, psychischer und physischer Vernachlässigung und Alkoholismus. Am Ende wird diese depressive Grundstimmung meiner Meinung nach jedoch durch die überraschende Wendung etwas aufgelöst und man hat fast schon so etwas wie Hoffnung, dass doch noch alles gut wird.
Ein psychologisch vielschichtiger Roman, der mich begeistert, berührt und überrascht hat! Ich hoffe darauf, dass auch die anderen Bücher von Alex Schulman noch übersetzt werden!