Mut und Liebe

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Die Übersetzerin, Historischer Roman von Jenny Lecoat, 320 Seiten, erschienen im Lübbe-Verlag.
Ein emotionaler Roman über die Besatzungszeit, im 2. Weltkrieg, auf den Kanalinseln.
Aus Angst vor einer Deportation muss die junge Jüdin Hedy aus Wien fliehen, zunächst scheint es auf den Kanalinseln noch relativ sicher, als Jersey von der Wehrmacht besetzt wird, ist sie auch dort in Gefahr. Aufgrund ihrer Fremdsprachenkenntnisse kann sie ein Stelle als Übersetzerin fürs Militär am Stützpunkt ergattern. Sie lernt den deutschen Offizier Kurt kennen, die beiden verlieben sich. Zusammen beschließen sie Widerstand zu leisten. Als die restlichen Juden auf der Insel, ebenfalls deportiert werden sollen, spitzt sich die Lage zu.
Das Buch besteht aus 12 umfangreichen Kapiteln, die an entscheidenden Handlungspunkten mit Jahreszahlen markiert sind. Es handelt sich um eine Geschichte, die auf einem historischen Hintergrund beruht. Eine gründliche Recherchearbeit kann ich der Autorin nur bestätigen. In auktorialer Sicht beschreibt Lecoat die Geschehnisse im Buch so lebensnah und glaubhaft, dass man die damaligen Zustände, die Angst, die Kälte, die Entbehrungen und Gefühle sehr gut nachvollziehen kann. Der Plot ist zu jeder Zeit plausibel und verständlich. Die Figuren sind charismatisch und hervorragend charakterisiert. Meine Lieblingsfigur neben der Protagonistin Hedy ist Kurt, denn trotz der Gefahr selbst erwischt zu werden hilft er Hedy sich von ihren Feinden zu verstecken, immer wieder steckt er ihr, die inzwischen knapp gewordenen Lebensmittel zu. Eine Figur die mich sehr beeindruckt hat ist Dorothea, die Frau von Hedys treuem Freund Anton. Anfangs dachte ich was für ein oberflächliches Plappermäulchen, sie redet sich sicher noch um Kopf und Kragen. Dorothea jedoch hat mich überrascht, sie ist die Figur die in der Geschichte die größte Entwicklung gemacht hat. Ihre Tapferkeit ist kaum zu überbieten, sie wird sogar von ihrer Familie verstoßen, als sie Anton heiratet. Mutig versteckt sie Hedy in ihrem Haus, organisiert Lebensmittel und bewahrt mit ihrer Unbeschwertheit Hedy davor aufzugeben. Sie hat sich als wahre Freundin erwiesen. Geheimpolizist Erich Wildgrube, dieser verachtenswerte Schurke, ist so plastisch beschrieben, dass ich ihn mir gut vorstellen konnte.
Von Beginn an erweist sich das Werk als Pageturner, die Autorin setzt Sprache sehr geschickt ein. Die umgangssprachlichen z. T. auch derben Begriffe, (Rotze, arme Schweine oder Plumpsklo etc.) beleben die Lektüre. Fremdsprachliche Phrasen und Wörter sind kursiv hervorgehoben,
Doch vor allem besticht das Werk durch seine Dramatik, zu jeder Zeit ist nervenzermürbende Spannung vorhanden, vor allem zu Kriegsende hin, überschlagen sich die Ereignisse. Einige Trennungsszenen waren so bitter und zu Herzen gehend geschildert, dass ich den Kummer direkt mitfühlen konnte. Ein Buch, das man nicht aus der Hand legt bevor die letzte Seite gelesen ist.
Die historischen Begebenheiten sind detailgetreu und korrekt erzählt, über die Situation während des 2. Weltkriegs auf den Kanalinseln habe ich mich bisher wenig befasst, es war interessant einmal darüber zu lesen.
Das Ende hat mir gut gefallen, deshalb möchte ich „Die Übersetzerin“ auch gerne empfehlen. Von mir 5 Sterne.