Die Leiden der Carlotta Fiore

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takabayashi Avatar

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Als erstes: Bei dieser Reihe ist es erheblich wichtiger, die Bücher in chronologischer Reihenfolge zu lesen, als bei anderen Krimiserien; denn, wie schon bei den ersten beiden Bänden, spielt Lottas Privatleben eine große Rolle in den Fällen, und wenn man die Vorgeschichte nicht kennt, dürfte das ziemlich verwirrend sein.
Lotta arbeitet mit dem Ex-Polizisten Konrad Fürst zusammen, der, wie wir inzwischen wissen, ihr leiblicher Vater ist. Aufgewachsen ist sie bei Maria Fiore, einer weltberühmten Opern-Diva, die eine behinderte Tochter hatte, mit der sie sich nicht schmücken konnte. Deshalb hatte sie kurzerhand ein niedliches Mädchen auf einem Rummelplatz entführt, ihre Tochter ins Heim gesteckt und hatte Lotta als eine präsentable Tochter aufgezogen. Leider hatte ihr Lotta aufgrund ihres mangelnden Gesangstalentes einen Strich durch die Rechnung gemacht. Irgendwann war sie dem goldenen Käfig entflohen und hatte den Kontakt mit der Mutter (die vor 6 Jahren verstorben ist) komplett abgebrochen. Die Entführung, die ehrgeizige und selbstsüchtige Mutter und deren Art, ihre Tochter zu behandeln, haben Lotta zu einer ziemlich ramponierten Persönlichkeit werden lassen, deren soziale Kompetenz zu wünschen lässt.
Nun hatte sich ja in Carlottas Leben in den ersten 2 Teilen einiges zum Guten gewandelt: sie hatte in Konrad ihren Vater gefunden, hatte sich klargemacht, dass Maria Fiore nicht ihre Mutter war, hatte Henriette wiedergefunden – ihre quasi Schwester, Fiores echte Tochter – und last but not least einen liebevollen Mann, den Kommissar Hannes Fischer, getroffen, mit dem sie zusammenlebt und einen kleinen Sohn hat.
Ein Problem besteht darin, dass Hannes und sie nun Kollegen sind, denn Polizeichef Krump hat sein Versprechen wahrgemacht und hat Lotta und Konrad eingestellt. Lotta, die vor Jahren eine Ausbildung bei der Polizei angefangen hatte, dann aber wegen eines Suizidversuchs von der Schule flog, wird von den Kollegen nicht freundlich aufgenommen. Man vermutet Kungelei dahinter, dass sie ohne entsprechende Ausbildung eine Stelle bekommen hat. Und die Kollegen halten sie natürlich für Maria Fiores Tochter, denn sie hat ihr Verhältnis zu Konrad nicht publik gemacht.
Lotta und Konrad sind beide sehr ungewöhnliche und interessante Ermittlerfiguren. Lotta ist noch nie eine Sympathieträgerin für mich gewesen, aber sie hat mich interessiert. In diesem Buch fand ich sie aber ziemlich enervierend, ihre ewige Geheimniskrämerei, ihr ständiges Lügen, ihr Misstrauen, ihre Eifersucht wurden mir etwas zu viel. Sie beantwortet fast prinzipiell jede Frage mit einer Lüge. Es gibt im Buch Protokolle von Therapiesitzungen – Lotta geht zwar zur Therapie, belügt aber auch die Therapeutin, benimmt sich absolut therapieresistent!
Über den Fall will ich nichts erzählen, er ist aufs innigste mit Lottas Geschichte verwoben. Und Lotta gelingt es, den Mörder zu überführen. Im Mittelpunkt steht ihre Psyche, aber im letzten Drittel nimmt der Krimi richtig Fahrt auf und wird sehr spannend. Möglicherweise ist das der letzte Band der Reihe, denn nun sind für Carlotta alle Ungereimtheiten ihrer Vergangenheit geklärt, und in ihrem Leben läuft alles einigermaßen rund: denn in einer weiteren Therapiesitzung hatte sie sich doch auf eine Hypnosebehandlung eingelassen und dabei waren wichtige Erinnerungslücken gefüllt worden. Und im Zuge ihrer Ermittlungstätigkeit während einer Fernseh-Talk Show hatte sie ihre großen Geheimnisse öffentlich gelüftet. Also, Ende gut, alles (mehr oder weniger) gut und möglicherweise das Ende der Geschichte.
Auch wenn mir das Verhalten der Protagonistin hin und wieder gegen den Strich gegangen ist, so war es dennoch insgesamt eine spannende, interessante und lohnende Lektüre.