Durchschnittlichkeit meets Kriminalroman

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skaramel Avatar

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Lotta Fiore scheint angekommen zu sein: Sie ist bei der Kriminalpolizei und befindet sich mitten in ihrem ersten Fall. Endlich kann sie sich auf eine neue Aufgabe konzentrieren und vergessen wer sie ist: die Tochter von Maria Fiore, eine berühmte, beliebte, verstorbene Opernsängerin, in deren Schatten sie noch heute steht. Doch was die Öffentlichkeit nicht weiß, Maria ist nicht ihre wahre Mutter. Sie hat Lotta als Kind entführt und ihr leibliches Kind Henriette gegen sie ausgetauscht. Niemand außer ihre vermeintliche Schwester und sie kennen die Wahrheit und das soll auch so bleiben. Aber bei ihrem ersten Mordfall findet Lotta eine Notiz mit ihrem Entführungsdatum und dann verschwindet noch Henriette. Auf einmal wird Lotta mit ihrer Vergangenheit konfrontiert und muss sich entscheiden, ob sie sich jemandem anvertrauen soll.

Es ist schon der dritte Teil der „Fiore-Fürst“-Reihe von Theresa Prammer, für mich aber ihr erster Band. Der Einstieg in die Geschichte der „unbekannten Schwester“ und auch in Lottas ging verhältnismäßig schnell. Immerhin wiederholt Prammer in recht häufigen Abschnitten die vorangegangenen Geschichten und genau hier lag für mich auch der Knackpunkt: Es wirkt leider wie eine Zusammenfassung geschehener Ereignisse weniger wie ein Kriminalroman. Auf der letzte Seite manifestierte sich das Gefühl, dass es eher ein Roman über eine entführte Person und ihre Nachwirkungen ist. Der eigentliche„Fall“, der aus dem Buch einen Krimi machen sollte, ist wirklich sehr, sehr kurz und könnte sehr, sehr schnell in wenigen Sätzen erklärt werden. Eine richtige Herleitung der Aufklärung erfolgte nur sehr knapp und auch nicht sehr nachvollziehbar.

Trotzdem hatte das Buch seine guten Seiten. Theresa Prammer hat einen wirklich schönen Schreibstil. Einfach, witzig und rund – es ermöglicht einen schönen Lesefluß und die Seiten scheinen nur so dahin zu fliegen. Trotzdem kann dieses Können nicht über die Problematik der Geschichte hinweghelfen maximal es verschönern. Denn trotz gekonnten Stils sticht die lückenhafte Storyline viel zu viel hervor. Dazu kommt, dass Lotta Fiore leider keine wirklich sympathische oder interessante Protagonistin ist und durch ihre Fehler weniger menschlich als unsympathisch wird. Sie ist nicht die forsche, aber korrekte Polizistin, die Prammer uns verkaufen will, sondern stoisch und selbstsüchtig. Keine einzige Aufforderung oder Anweisung beachtet sie und das in ihrem ersten Fall als Polizistin. Sie wirkt großkotzig und überheblich – ganz so als bräuchte sie keine Hilfe obwohl sie eine Sache nach der anderen verpatzt.

Leider fasst Pramer in „Die unbekannte Schwester“ nur ihre beiden Vorbücher zusammen und lässt den eigentlichen Plot links liegen. Der Fall wird recht zügig am Ende aufgeklärt – fast so als hätte sie gemerkt, dass sie ihr Seitenlimit schon erreicht hat. Alles in allem ist es ein solider Roman, den man schnell lesen kann, wenn man nicht viel erwartet. Im Prinzip ist es ein richtiges 3-Sterne-Buch – über die Bank durchschnittlich. Gefühlte, gute Pool-Lektüre – genau richtig, wenn man es nicht zu spannend, nicht zu gut, nicht zu fordernd möchte!