In aller Kürze: Grosse Klasse.
"Die Ungehaltenen" gefällt mir viel besser als "Hotel Dalmatia", das ebenfalls in Berlin spielt & auch die Gastarbeiterproblematik aufgreift. Warum ?
Utlus Buch ist sprachlich grosse Klasse. Lakonisch,lapidar und unangestrengt beschreibt er Befindlichkeiten, Beklemmungen und hybride Identitäten, ohne dabei jemals ins Klischeehafte oder in Migrantenkitsch zu verfallen.
Man muss nicht türkischstämmig sein, um sich mit manchen Aussagen im Roman identifizieren zu können. Der Protagonist, Elyas, ist ein Suchender. Zwischen Verbindlichem und Unverbindlichen. Die Beziehungen, die er führt, müssen qua definitionem (da es der Zeitgeist vorgibt) unverbindlich sein. Als ihm Schlimmes über seine Eltern mitgeteilt wird, stellt seine Freundin sinngemäss klar, dass sie keinen Bock habe, sich um ihn zu kümmern.
Elyas könnte eine Karriere haben, doch er wird exmatrikuliert; die deutsche Sprache, die er doch so perfekt beherrscht, versagt ausgerechnet ihren Dienst, als es "um die Wurst" geht.
Immer Dazwischen, immer der richtige Mensch, immer der falsche Mensch, immer dankbar sein müssend, immer im Jetzt, und doch in der Vergangenheit.
Dann gibt es noch Aylin, deren Mutter in die alte Heimat zurückkehrt.
Deren Vater entdeckt seine Heimwerker - skills, die er nie anwandte, als Aylin Kind war. Aylin geht mit ihrem Papa in den Zoo. "Kaufst du mir ein Eis ? " fragt sie. Wütend, erschöpft ?
Lebten sie und ihre Familie aneinander vorbei, mussten sie es gar ? Überhaupt die Elterngeneration - vom Studenten zum Malocher, die Arbeitserlaubnis gekoppelt an den Aufenthaltsstatus und vice versa. Ein halbes Leben in Deutschland, um dann das Zeitliche zu segnen; einige kommen in den "Genuß" der 'deutschen' Rente, andere nicht.
Der Roman hat mir gefallen, mich aber auch ein bisschen traurig gemacht. Es fällt mir schwer, eine Inhaltsangabe zu schreiben oder eine Chronologie der Ereignisse. Ich weiss nur: Es ist ein gutes Buch.