Ungehalten

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mianna Avatar

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Utlu beschreibt in seinem Roman „die Ungehaltenen“ das Leben der Gastarbeiterkinder zwischen den Welten. Elyas´ Eltern und Onkel Cemal kamen als Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland, glaubten bald wieder zurück zu kehren, blieben, ohne sich willkommen zu fühlen. 50 Jahre später feiert Deutschland das erfolgreiche Anwerbeabkommen mit der Türkei und die „geglückte“ Einwanderung, während sich Elyas in der nächsten Generation ebenfalls mit der „Normalität des Deutschen“ auseinandersetzen muss, in der er „der Migrant“ ist. In Aylin findet er eine Verbündete, die ähnliche Erfahrungen gemacht hat. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach ihrem Standpunkt zum Leben.
Die Geschichte ist spannend, emotional bewegend und gleichzeitig unterhaltsam, was wohl die gute Mischung ausmacht. Die Traurigkeit der Hauptfiguren und ihre Fassungslosigkeit gegenüber der Ignoranz des Alltags kommen dabei sehr gut zur Geltung. Auch ohne eigene Migrationserfahrung bekommen die LeserInnen einen guten Einblick in die Erlebniswelt der Figuren, auf deren Suche nach sich selbst. Viel mehr als um die Erlebniswelt geht es in Utlus Roman, um die Realität türkischer Einwandererfamilien in Deutschland und die kritische Betrachtung der „gelungenen Eingliederung“.
In kurzen Kapiteln wird ein Spannungsbogen aufgebaut, der bis zum Ende der Erzählung gehalten werden kann. Die Erzählung bewegt sich in gelungener Verknüpfung zwischen der Vergangenheit der Eltern und der Gegenwart der Kinder. Die Sprache ist pointiert, wechselhaft in den Dialogen und Gedanken und wirkt manchmal abgerissen – passend zum inhaltlichen „zerrissen sein“ der Hauptpersonen. Diese werden insgesamt sehr gut nachvollziehbar beschrieben, in ihrer ganzen Person erfasst, was die LeserInnen eine noch bessere Verbindung zu ihnen herstellen lässt. Elyas und Aylin sind durchgehend sympathisch, ein Grund mehr für die Leserschaft mitzuleiden.
Insgesamt kann Utlu in seinem Roman die schwere Thematik des Zerrissen-seins in der zweiten Generation der Gastarbeiter den LeserInnen sehr gut vermitteln und die Fassungslosigkeit nachwirken lassen.