virtuelles Abenteuerspiel?

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Ursula Todd wird am 10. Februar 1910 in England geboren.
Der Leser nimmt teil an ihrem Leben oder ihren diversen Leben bis 1967.
Tatsächlich sind ihre Lebensabschnitte wie eine Versuchsanordnung aufgebaut.
Schon die Geburt gelingt nicht, das Kind kommt zunächst blau und leblos zur Welt, die Nabelschur stranguliert den Säugling.
Wäre es anders ausgegangen unter anderen Voraussetzungen? Und schon erhält Ursula eine 2. Chance.
Die Nabelschnur wird rechtzeitig durchgeschnitten
Diesmal wird sie immerhin 5 Jahre alt, bevor sie ertrinkt.
Wie wäre ihr Leben verlaufen, wenn sie nicht ertrunken wäre?
Die veränderten Neuanfänge bleiben in groben Zügen gleich, aber geringe Alternativen bei einzelnen Handlungen verändern schicksalshaft
das Leben von Ursula, ihrer Familie aber auch dem Umfeld.
Und so reihen sich Lebenssituationen in Variationen im Roman aneinander. In die Lebensspanne fallen der 1. und 2. Weltkrieg, ein weites Feld für
unterschiedliche Entwicklungen.

Die Autorin weist der Protagonistin auch unbewußte Ahnungen von prekären Verläufen zu, die sie dann instinktiv zu veränderten Reaktionen veranlaßt.
Im Klappentext heißt es dazu "Ihr ist es gegeben, ihr Leben immer wieder zu korrigieren und damit jeden Fehler zu beseitigen"
Das ist konkret allerdings so nicht richtig, jedenfalls verstehe ich es nicht so. Sie hat nicht mehrmals gelebt und die Erfahrungen daraus ins nächste Leben gerettet.
Meines Erachtens sind es Gedankenspiele. Daher kann ich auch nicht gut nachvollziehen, dass Ursula schließlich regelrecht plant, wie ihr Leben werden soll,
um den 2. Weltkrieg zu verhindern.

Jeder Mensch gerät eigentlich immer wieder an Punkte, wo entschieden werden muss, wie es weitergeht und rückwirkend mag es dann als richtig oder falsch bewertet werden,
nochmal darf es aber wohl keiner versuchen. Das macht den Reiz bei diesem Buch aus.

Frau Atkinson liebt das Stilmittel des Einschubs mittels Klammern.
Bei ihren Büchern finde ich das richtig und natürlich, die Klammerinhalte ergänzen und beleuchten immer wieder Gedanken der Anderen oder von Ursula.
Die phantasievolle Ausarbeitung der verschiedenen Umstände sind sehr gekonnt und machen Spaß beim Lesen.
Die Schilderungen der Lebensumstände im 2. Weltkrieg und danach sowohl in Deutschland als auch in England sind beeindruckend, bedrückend.

Der deutsche Titel erinnert mich zu sehr an eine Schubertsymphonie, womit der Roman nichts zu tun hat.
Da finde ich den Original titel Lifte after Life - ein Leben nach dem Leben- passender.

Fazit: Obwohl ich immer wieder versucht war, das Buch mit einem PC-Spiel zu vergleichen, wo man auch soundsoviele Leben
hat und halt wieder neu anfängt, wenn man ins Nichts gefallen ist,
hat das Lesen Spaß gemacht.
Die Sprünge zurück und wieder vor brachten zusätzliches Leben ins Buch- sozusagen.
Die Schilderungen der Umstände sind gelungen, Ursula war mir sehr symphatisch.