Düstere Geheimisse

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hanseidig Avatar

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Die britische Autorin Stacey Halls führt die Leser:innen in ihrem Buch "Die Verlorenen" in das quirlige, von gesellschaftlichen Gegensätzen geprägte London in der Mitte des 18. Jahrhunderts. England verfügte zu dem Zeitpunkt über zahllose Kolonien auf der ganzen Welt, und die industrielle Revolution stand mit der Erfindung der Dampfmaschine kurz bevor. In diesem Setting ist die alptraumhafte Geschichte um die junge Krabbenverkäuferin Bess Bright angesiedelt.

Bess, in ärmlichen Verhältnissen mit ihrem Vater lebend, hat endlich genügend Geld zusammengespart um ihre Tochter Clara aus dem Waisenhaus The Foundling zurückzuholen, in dem sie das Neugeborene sechs Jahre zuvor schweren Herzens abgeben musste. Doch für Bess beginnt nun eine verzweifelte Suche, denn die kleine Clara wurde bereits einen Tag nach der Aufnahme von einer Frau abgeholt, die sich als ihre Mutter ausgab. Um jeden Preis möchte Bess nun wissen, was ihrer Tochter zugestoßen sein könnte.

Stacey Halls greift zu einem Trick, der große Spannung aufbaut: Nach dem ersten Drittel des Buches findet eine Perspektivenwechsel statt, und man liest von der wohlhabenden Alexandra und ihrer kleinen Tochter Charlotte. Schnell ist klar, dass es sich hier um Clara handelt. Allerdings kommen die Umstände, die dazu geführt haben, dass Clara nun bei Alexandra lebt, recht spät im Buch ans Licht. Dadurch wird man "bei der Stange" gehalten, denn mit einigen Längen des Buches hatte ich durchaus zu kämpfen.

Insgesamt wird eine gute Geschichte erzählt, bei der mir aber der versprochene "authentische historische Hintergrund" gefehlt hat. Es gibt zwar viele Beschreibungen der Lebensverhältnisse, Häuser und Straßenzüge, aber den Zeitgeist der damaligen Epoche konnte ich leider nicht nachfühlen. Eine neue Hilary Mantel - so die Ankündigung auf dem Cover - ist Stacey Halls für mich leider nicht.