Mutterliebe über alle Grenzen hinweg

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Die junge Elizabeth Bright, kurz Bess genannt, bringt im November 1747 ihre gerade geborene Tochter in ein Heim für ausgesetzte Kinder. Als Straßenhändlerin, die mit Vater und Bruder in einer Zweizimmerwohnung lebt, ist sie nicht in der Lage, sich um Clara zu kümmern. Mittels einer Lotterie wird dort entschieden, welches Baby der zahlreich erschienenen Frauen, die anonym bleiben, aufgenommen wird und welches nicht. Clara wird unter der Nummer 627 registriert und darf bleiben. Nachdem sie jahrelang gespart hat, begibt sich Bess Anfang des Jahres 1754 zum Findelhaus, um ihre Tochter abzuholen. Mit Entsetzen erfährt sie dort, dass ihre Tochter bereits vor Jahren abgeholt worden ist. Genauer gesagt einen Tag nach der Aufnahme.

Bess teilt das Schicksal vieler Frauen in diesem Jahrhundert; freiwillig oder unfreiwillig schwanger geworden und wenn das Baby dann da ist, fehlen Mittel und Wege, sich um dieses zu kümmern, geschweige denn, es gäbe eine Möglichkeit, das Kind am Leben zu erhalten. Ein Findelhaus ist da noch die beste Alternative, allerdings sind die Plätze dort begrenzt und vielen Müttern bleibt nur noch, das Kind auszusetzen oder selbst zu töten. Eine grausame Zeit! Von den heutigen Möglichkeiten konnte man damals nicht mal träumen. Bess gehört zu der absoluten Ausnahme, denn sie ist fest entschlossen, ihre Tochter wieder abzuholen, sobald sie die Gebühr bezahlen kann. Das eigene Baby in fremde Hände abgeben zu müssen, weil man zu jung und zu arm ist, sich um dieses zu kümmern, ist traumatisch genug. Wie entsetzlich muss es sein, zu erfahren, dass eine fremde Frau dieses Kind abgeholt hat? Bess ist fest entschlossen, ihre Tochter zu finden. Als sie einen Verdacht hat, nimmt die Geschichte eine ungeahnte Wendung.

Das Buch ist in vier Teile aufgeteilt, wobei der erste und dritte Teil aus der Sicht von Bess geschrieben ist. Wir erfahren, wie das Leben so ist im 18. Jahrhundert, insbesondere für Frauen. Das ist interessant, das ist erschreckend, das erzählt Bess ohne größere Emotionen. Sie jammert und hadert nicht mit ihrem Schicksal, sie nimmt es an. Der zweite und der vierte Teil ist aus der Sicht von Alexandra geschrieben, die zur Oberschicht gehört. Es ist eine gänzlich andere Welt, die wir hier erleben. Wie die Schicksale der beiden Frauen zusammenhängen, wird nach und nach enthüllt. Ein spannendes und sehr emotionales Buch, das mit einigen unvorhersehbaren Wendungen überrascht. Von mir gibt es 5 Sterne.