Was Mutterliebe bewegen kann

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gudrun_4 Avatar

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Der Klappentext ließ eine spannende und dramatische Geschichte á la Charles Dickens erwarten, obwohl die Handlung uns in das 18. Jahrhundert, also einer Zeit weit vor Dickens versetzt.
Das Cover in lebhaften Farben kommt etwas verspielt daher und suggeriert etwas eher Fröhliches.
Die Milieuschilderungen des historischen Londoner Hafens passen definitiv nicht zu diesem farbigen Eindruck, waren doch die Lebensverhältnisse der armen Leute, die dort um ihre Existenz zu kämpfen hatten, eher düster und grau. Die Autorin verstand es hervorragend, mit ihrer eindringlichen, bildhaften Sprache den Leser in einen Film mitzunehmen.
Sehr schnell hatte die junge Krabbenverkäuferin Bess mein Mitgefühl und ich konnte mir ihre Ohnmacht und Wut sehr gut vorstellen, als sie begriff, dass ihre Tochter gestohlen worden war. Der unbedingter Wille, Ihrer Tochter eine gute Mutter zu sein, läßt sie fast aussichtslose, wahnwitzige Dinge tun.
Die Handlung wurde durch die Erzählung aus verschiedenen Perspektiven eher gestrafft als zu breit ausgewalzt. Mir hat gut gefallen, dass die Sprache zu dem jeweiligen Milieu passte und dass auch Alexandra nicht platt als „die böse Gegenspielerin“ dargestellt wurde. Es gab jedoch einige für mich nicht ganz nachvollziehbare Wendungen, das gute Ende zum Beispiel kam etwas plötzlich und beruhte auf dem kaum zu glaubenden Gesinnungswandel von Alexandra, der Witwe, die das Kind aus dem Waisenhaus aufgezogen hatte.
Trotz kleiner Ungereimtheiten hat sich das Buch sehr gut gelesen. Es war eine spannende und emotionsgeladene Geschichte in gut recherchiertem historischen Rahmen.