Aktuelles Thema, spannend und lesenswert

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
arc_of_time Avatar

Von

Der Roman "Die verschwindende Hälfte" von Brit Bennett hat die eigene Identität, die Herkunft und deren Akzeptanz zum Thema.
Die Zwillinge Desiree und Stella werden in Mallard, einem kleinen Nest im Süden der USA, geboren und wachsen in den 60-Jahren auf. Die Bewohner Mallards akzeptieren ihre eigene Herkunft nicht und wollen durch Heirat mit Hellhäutigen eine immer hellere Hautfarbe und somit ihre Rechte und Chancen verbessern.
Die Zwillinge müssen mit ansehen, wie ihr Vater gelyncht wird - das lässt auch an aktuelle Vorkommnisse in den USA denken.
Als die Zwillinge 16 Jahre alt sind, brennen sie durch. Es verschlägt sie nach New Orleans, wo sie unterschiedliche Wege einschlagen.
Während Desiree einen sehr dunkelhäutigen Mann heiratet ("den dunkelsten Mann, den sie finden konnte"), geht Stella den Weg der Weißen. Als sie sich bewirbt und dort für eine Weiße gehalten wird, gibt es für sie keinen Weg zurück.
Beide heiraten, doch die Ehe von Desiree scheitert und sie kehrt mit ihrer kleinen dunkelhäutigen Tochter nach Mallard zurück. Stella hingegen führt ein Leben im Wohlstand, doch auf Lügen aufgebaut.
Die beiden Schwestern verlieren sich aus den Augen, erst viele Jahre werden sie sich wiedersehen.
Wie unterschiedlich die Möglichkeiten eines Lebens sein können, das zeigt die Autorin sehr genau.
Während Weißen alle Türen offenstehen, bleiben diese den Schwarzen verschlossen.
Die Charaktere werden lebendig und sensibel entwickelt, die Geschichte der beiden Zwillinge - anfangs identisch und später durch eine einzige Entscheidung unterschiedlich verlaufen - ist glaubwürdig.
Die Handlung selbst ist zwischen den 60-er und den 80-er Jahren angesiedelt, sodass man nicht nur über Stella und Desiree liest, sondern auch über ihre Töchter.
Ein äußerst lesenswerter Roman.