Auf der Suche nach sich selbst
"Man musste die werden, die man sein wollte."
Seitdem ich im "lockdown" ein IG Live mit Brit Bennett und Elizabeth Day gesehen habe, konnte ich Die Verschwindene Hälfte kaum erwarten und meine Erwartungen wurden sogar noch übertroffen.
Die Themen des Buches sind ganz vielfältig: vordergründlich geht es natürlich um die Geschichte von Zwillingen,die extrem unterschiedliche Wege einschlagen: die eine ein "normales" Leben, die andere wählt passe blanc (wovon ich bewusst vorher noch nichts gehört hatte). Das Leben als Weiße bietet so viele Konfliktpotentiale, die über verschiedene Erzähl-und Zeitstränge, mit ungewollter Aktualität, und mit verschiedenen Personenbeteiligungen, kunstvoll zu einem sehr stimmigen Gesamtwerk konstruiert sind. Da ist Stellas Paranoia, sogar die Angst vor Erpressung, die besonders deutlich wird, nachdem eine schwarze Familie in die direkte Nachbarschaft zieht. Lügen scheinen Stellas Weg zu säumen, auch in Beziehung zu ihrer Tochter, die interessanterweise erst Schauspielerin und dann Immobilienmaklerin ist - beides Berufe, in denen man in andre Rollen schlüpfen muss: "Stellen Sie sich vor, was für ein Mensch Sie hier sein könnten."
Sehr interessant fand ich auch, wie Bennett das (Zwillings-,Rassen- und Gender-)Identitätsprinzip und die Suche nach sich selbst einflechtet und zwar als ein fließendes, instabiles Konstrukt mit sehr realen Konsequenzen für alle Beteiligten über Generationen hinweg (auch als vererbtes Trauma). Der Genderaspekt wird wie ich finde sehr behutsam und empathisch behandelt; ehrlich gesagt waren Jude und Reese im Buch mein Lieblingspaar, geschrieben als ganz normal Verliebte (genau so wie es auch IRL sein sollte). Ich werde wohl noch lange darüber nachdenken, wie gesellschaftlich geschaffene Konstrukte auf Betroffene wirken und diese einschränken (können) und zu Projektion und Diskriminierung führen, wenn es keinen gesamt-gesellschaftlichen Konsens zu Toleranz gibt.
Das Ende schließt das Buch (für mich) genau passend ab: kein unnötig kitschiges Happy Ending, dafür aber durch die temporäre "Wiedervereinigung" der Zwillinge, inklusive verschleppter Wut und Vergebung, hoffnungsvoll und mit positivem Nachhall.
Seitdem ich im "lockdown" ein IG Live mit Brit Bennett und Elizabeth Day gesehen habe, konnte ich Die Verschwindene Hälfte kaum erwarten und meine Erwartungen wurden sogar noch übertroffen.
Die Themen des Buches sind ganz vielfältig: vordergründlich geht es natürlich um die Geschichte von Zwillingen,die extrem unterschiedliche Wege einschlagen: die eine ein "normales" Leben, die andere wählt passe blanc (wovon ich bewusst vorher noch nichts gehört hatte). Das Leben als Weiße bietet so viele Konfliktpotentiale, die über verschiedene Erzähl-und Zeitstränge, mit ungewollter Aktualität, und mit verschiedenen Personenbeteiligungen, kunstvoll zu einem sehr stimmigen Gesamtwerk konstruiert sind. Da ist Stellas Paranoia, sogar die Angst vor Erpressung, die besonders deutlich wird, nachdem eine schwarze Familie in die direkte Nachbarschaft zieht. Lügen scheinen Stellas Weg zu säumen, auch in Beziehung zu ihrer Tochter, die interessanterweise erst Schauspielerin und dann Immobilienmaklerin ist - beides Berufe, in denen man in andre Rollen schlüpfen muss: "Stellen Sie sich vor, was für ein Mensch Sie hier sein könnten."
Sehr interessant fand ich auch, wie Bennett das (Zwillings-,Rassen- und Gender-)Identitätsprinzip und die Suche nach sich selbst einflechtet und zwar als ein fließendes, instabiles Konstrukt mit sehr realen Konsequenzen für alle Beteiligten über Generationen hinweg (auch als vererbtes Trauma). Der Genderaspekt wird wie ich finde sehr behutsam und empathisch behandelt; ehrlich gesagt waren Jude und Reese im Buch mein Lieblingspaar, geschrieben als ganz normal Verliebte (genau so wie es auch IRL sein sollte). Ich werde wohl noch lange darüber nachdenken, wie gesellschaftlich geschaffene Konstrukte auf Betroffene wirken und diese einschränken (können) und zu Projektion und Diskriminierung führen, wenn es keinen gesamt-gesellschaftlichen Konsens zu Toleranz gibt.
Das Ende schließt das Buch (für mich) genau passend ab: kein unnötig kitschiges Happy Ending, dafür aber durch die temporäre "Wiedervereinigung" der Zwillinge, inklusive verschleppter Wut und Vergebung, hoffnungsvoll und mit positivem Nachhall.