Black Lives Matter

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hurmelchen Avatar

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Geheimnisse und Lügen, Emanzipation und Selbstfindung, Black Lives Matter und White Supremacy - das alles sind die Zutaten für Britt Bennetts Roman „ Die verschwindende Hälfte“, der soeben für den National Book Award nominiert wurde.

Bennett, die als legitime Nachfolgerin Toni Morrissons gehandelt wird, beschreibt in ihrem Buch höchst einfühlsam die Geschichte der Zwillinge Stella und Desiree, die aus einem Kaff in den Südstaaten der USA stammen. Mallard, so der Name des Dorfes, ist stolz auf seine farbige Bevölkerung, die, qua Herkunft und Heirat, im Laufe der Generationen immer hellhäutiger wurde. Stella und Desiree machen da keine Ausnahme. Trotzdem müssen auch sie die Demütigungen der „ weißen Herren“ ertragen. Sie beschließen eines Tages, das Dorf zu verlassen, ihr Glück in einer großen Stadt zu suchen, und verlieren einander bei dem Versuch. Besonders Stellas Leben nimmt eine dramatische Wendung und wird auch das Leben der Töchter der Zwillinge beeinflussen.

Im Velauf der Handlung werden ebenjene Töchter, Jude und Kennedy, wichtiger als ihre Mütter. Ihnen obliegt es, die Lügen und Geheimnisse der vorigen Generation aufzuarbeiten, um ihre eigene Identität zu finden. Das ist zu große Teilen berührend erzählt, und vor allem die Figuren der Töchter sind hervorragend gezeichnet. Mit viel Empathie beschreibt Bennett deren Ängste und Nöte.

Die Gewichtung der Hauptprotagonisten halte ich allerdings für etwas problematisch, denn über weite Teile des Romans wird Stellas Leben mehr Beachtung geschenkt, als dem Desirees. Erst gegen Ende hat man den Eindruck, dass noch ein wenig aus dem Leben der Zwillingsschwester nachgeholt wird. Auch den Nebenfiguren wird nicht genügend Raum gegeben, was ich äußerst schade finde, denn mit Reese, Judes Freund, gelingt Bennett ein toller Charakter, dessen transgender- Probleme allerdings ebenfalls nur am Rande gestreift werden.

Vielleicht wollte Britt Bennett zu viel in ihre Story stecken und zwei brennende Probleme der aufgeheizten, U.S.- amerikanischen Gesellschaft angehen. Eine der wichtigsten Stimmen der jungen, farbigen US - Literatur ist sie aber ohne Zweifel.