Aufwühlend

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Ich muss zugeben, dass ich das Buch nach den ersten Seiten schon weglegen wollte, zu klischeehaft war mir der Anfang: Mädchen aus gutem, christlichem Hause, überbehütet, voller Träume und Sehnsüchte, trifft beim ersten Mal, als sie rebellierend das Haus verlässt, auf einen feurigen Italo-Amerikaner, mit dem sie wenige Male schläft und dann schwanger wird. Das hört sich ziemlich einfallslos und platt an, bleibt aber zum Glück im Verlauf der Geschichte nicht so, so dass ich rückblickend betrachtet froh bin, das Buch weitergelesen zu haben.
Texas, Anfang der 30er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts: Elsa Martinelli wohnt zusammen mit ihrem Mann und den zwei Kindern Loreda und Anthony auf der Farm der Schwiegereltern, die aus Italien eingewandert sind und sich ihren „American Dream“ durch harte Arbeit erfüllt haben. Doch die Weltwirtschaftskrise und die extreme Dürre und die Staubstürme – entstanden durch die jahrelange falsche Nutzung des Landes – treffen die Familie hart. Als Elsas Mann von heute auf morgen die Familie verlässt und Anthony aufgrund des Staubs krank wird, entschließt sie sich schweren Herzens, den weiten Weg nach Kalifornien auf sich zu nehmen, in der Hoffnung auf ein besseres Leben für sich und ihre Kinder. Dort angekommen, muss sie jedoch am eigenen Leib erfahren, wie es ist, als Flüchtling ausgegrenzt und ausgebeutet zu werden. Doch sie gibt nicht auf und kämpft für ihr Glück – mit tragischen Folgen.
Nach den anfänglichen Schwierigkeiten hat mich die Geschichte wirklich gepackt. Kristin Hannahs Schreibstil ist mitreißend und man kann sich sehr gut in die damalige schwere Zeit hineinversetzen. Auch die Spannung bleibt eigentlich während der ganzen Zeit auf hohem Niveau, so dass es manchmal fast schon zu viel ist. Man lernt viel über einen Teil der amerikanischen Geschichte und mit Unbehagen wurde mir immer wieder bewusst, wie universell und aktuell das Thema der Flüchtlinge ist – leider!
Das Buch hat mich ausgesprochen gut unterhalten; es war stellenweise sehr aufwühlend und hat mich oft zum Nachdenken gebracht, aber genau das mag ich an Büchern. Lediglich der kitschige Anfang und das amerikanisch-heroische Ende waren nicht so meins.
Große Empfehlung für alle, die gerne spannende (historische) Romane lesen.