Eine mutige texanische Frau, die in den 1930ern nach einem sebstbestimmten Leben strebt

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Die US-Amerikanerin Kristin Hannah nahm mich als Lesende ihres historischen Romans „Die vier Winde“ mit in die 1930er Jahre. Die Geschichte spielt zunächst im Norden von Texas, in Dalhart und der Umgebung davon. Auf dem Cover sind im unteren Bereich Weizenähren zu sehen und auch haptisch zu erfühlen. Das Getreide ist für die Familie der Protagonistin Elsinore Martinelli, kurz Elsa genannt, von existenzieller Bedeutung. Doch starke Winde führen dazu, dass der Ackerboden austrocknet und die Getreidesaat nicht aufgeht.
Elsa wächst in gutsituierten Verhältnissen auf. Sie gilt bei ihren Eltern und Geschwistern als schwächlich und unansehnlich. Aufgrund ihrer Sehnsucht nach Eigenbestimmung setzt sich die 26-jährige Elsa über Verbote hinweg. Eines Tages trifft sie auf den acht Jahre jüngeren Raf, von dem sie schon bald schwanger wird. Raf träumt davon, für sein berufliches Glück seine Heimat zu verlassen. Dennoch macht er Elsa einen Heiratsantrag, den diese annimmt. Gemeinsam leben und arbeiten sie nun auf der Farm seiner Eltern. 13 Jahre später herrscht Dürre im weiten Umkreis von Dalhart, weil zu viel Land gerodet wurde und nun Stürme den Boden abtragen. Auf dem Land der Familie Martinelli wächst fast nichts mehr, die Verzweiflung nimmt zu. Als Elsas jüngstes Kind aufgrund der schlechten Lebensbedingungen erkrankt, beschließt sie zu handeln. Mit Hoffnung im Herzen auf ein besseres Leben flüchtet sie wie so viele nach Kalifornien.
Elsa hat als Kind wenig Liebe erfahren. Inzwischen hat sie sich, eher von ihr unerwartet, ihren Platz innerhalb der Familie Martinelli erkämpft. Obwohl sie körperliche Arbeit nicht gewohnt war, kommt sie auf der Farm nun täglich ihren Aufgaben in und um Haus und Hof nach. Jetzt fühlt sie sich nützlich und anerkannt. Als Mutter setzt sie alles daran, ihre Kinder bedingungslos zu lieben. Die Geschwister sind in der Gemeinschaft vor Ort gut integriert. Sie spürt aber auch die Unruhe ihres Ehemanns über sein ungeliebtes Leben als Farmer und gibt sich die Schuld daran, dass er seinen Jugendträumen nicht nachkommen kann. Nicht nur die Entwicklung der Figur Elsa stellt die Autorin in den Fokus der Handlung, sondern auch die von Elsas Tochter Loreda, die im Teenageralter ist.
Kristin Hannah konfrontierte mich in ihrer Geschichte mit einer historisch verbürgten Klimakatastrophe im Süden der Vereinigten Staaten in den 1930er Jahren, die mir bisher nicht bekannt war. Sie verdeutlicht die globalen Auswirkungen auf weite Gebiete und die Gefahr, der die dort lebenden Menschen ausgesetzt waren. Es ist aufwühlend zu verfolgen, welche Konsequenzen Elsa ziehen muss. In dem, was sie in Kalifornien erlebt, sah ich viele Parallelen zu dem Schicksal von heutigen Flüchtlingen, obwohl Elsa zwar ihre Heimat verlassen hat, aber sich noch im gleichen Staat aufhielt. Auf diesen ganz besonderen Umstand geht die Autorin im Speziellen ein. Auch in Kalifornien kämpft Elsa aufgrund von Widrigkeiten damit, an ihren Grundsätzen festzuhalten, die sie sich für ihr eigenes und das Leben ihrer Kinder gesetzt hat.
Mit großem Einfühlungsvermögen schreibt Kristin Hanna in ihrem Roman „Die vier Winde“ über eine mutige Frau in den 1930er Jahren, die mit ihrer Familie in der sogenannten Dust Bowl im Norden von Texas lebt. Ihre Suche nach einem selbstbestimmten Leben wird von den Auswirkungen einer Naturkatastrophe beeinflusst, die die Autorin dank sehr guter Recherche wirklichkeitsnah beschreibt. Gerne empfehle ich das Buch uneingeschränkt weiter.