Spannend, aber...

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ayasha Avatar

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Als erstes muss ich gestehen, dass ich das Buch „Die Wahrheit“ schon vor einigen Tagen ausgelesen hatte. Aber bis jetzt habe ich mir die Zähne an meinem Leseeindruck ausgebissen. In erster Linie habe ich mir die Frage gestellt, ob mir ein Buch, das ich gerne gelesen habe, auch gleichzeitig nicht gefallen kann. Ich versuche hier dieser Frage auf den Grund zu gehen…

Die Kurzbeschreibung und vor allem dann die Leseprobe hatten mich sehr angesprochen und meine Neugier war geweckt. Bereits die ersten Seiten zeigten einen flüssigen, ja schon fast süffigen Erzählstil auf, der mich von Anfang an am Wickel hatte und der mich dazu brachte, über die Seiten zu fliegen. Die Gefühle der Figuren und vor allem die bedrückende Atmosphäre dieser doch sehr belastenden Situation, in der ein verschollener Ehemann und Vater sieben Jahre nach seinem Verschwinden aus dem Nichts wieder auftaucht. Die junge Ehefrau war gerade dabei ihr Leben neu zu sortieren – ohne ihren Mann. Verständlich, dass ihr Weltbild ins Wanken gerät, sobald ihr Mann wieder auf der Bildfläche erscheint. Es ist auch nachvollziehbar, dass sich beide verändert haben in diesen langen Jahren der Ungewissheit. Und dennoch schlichen sich während der Lektüre immer mehr Verwirrung und Ungläubigkeit in meine Gedanken ein. Auch wenn man sich als Nichtbetroffener nicht wirklich vorstellen kann, was eine solche Situation für einen tatsächlich bedeuten würde, erwartet man von Romanfiguren eine logische, vor allem in sich schlüssige Reaktion. Und gerade in diesem Punkt schwächelt meiner Meinung nach Melanie Raabe ganz gewaltig. Und immer als ich dachte, dass es nicht noch unglaubwürdiger werden könnte, setzte die Autorin noch einen drauf. Ich bin eigentlich absoluter Fan von Überraschungen in Thrillern – hier wurde für meinen Geschmack jedoch zu dick aufgetragen. Dadurch wirkten die Figuren für mich nicht nur unglaubwürdig sondern auch immer hölzerner und steifer.

Kurzum kann ich die Eingangsfrage, ob mir ein Buch gleichzeitig gefallen und nicht gefallen kann, mit einem klaren Ja beantworten. Der Schreibstil hat mir wirklich sehr gut gefallen. Melanie Raabe hat ein grosses Talent die jeweilige Atmosphäre einzufangen. Gleichzeitig war der Plot zu konstruiert und die Figuren viel zu weit vom Leser entfernt, so dass ein Gefühl der Unwirklichkeit entstehen konnte. Trotz einiger spannender und kurzweiliger Lesemomente, liess mich das Buch nach dem endgültigen Zuklappen doch unbefriedigt und in einzelnen Punkten gar ratlos zurück und blieb so hinter meinen Erwartungen zurück. Daher kann ich hier leider nur zwei von fünf Sternen vergeben.