Unterhaltsam und fesselnd, mit kleinen Schwächen

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laberladen Avatar

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Darum geht’s:

Sarah muss seit sieben Jahren damit Leben, dass ihr Mann Philipp auf einer Geschäftsreise in Südamerika spurlos verschwunden ist. Seitdem ist sie alleine für den inzwischen 8jährigen Sohn Leo verantwortlich. Gerade als sie bereit ist, mit der Vergangenheit abzuschließen und nach vorne zu sehen, erfährt sie, dass Philipp wieder aufgetaucht ist. Am Flughafen steht aber ein fremder Mann, der sich für Philipp ausgibt. Ist sie die Einzige, die diese Täuschung erkennt? Was hat der Fremde vor?

So fand ich’s:

Es ist mir schon lange nicht mehr passiert, dass ich nicht wusste, wie ich meine Meinung zu einem Buch in Worte fassen soll. Doch „Die Wahrheit“ machte es mir nicht leicht, es zu bewerten und ich kann kein eindeutiges Fazit ziehen.

Der Schreibstil gefiel mir ausgezeichnet. Man war total im Kopf von Sarah und hautnah in der Geschichte drin. Da man auch nur das wusste, was die Protagonistin Sarah wusste, entstanden bei uns Lesern einige Informationslücken, die sich im Laufe der Zeit größtenteils geschlossen haben, aber ganz anders, als erwartet. Die Autorin spielte mit der Sprache und unterstützte damit die Atmosphäre, die durch die beschriebene Situation sowieso schon entstanden war.

Ich musste mir aus kleinen Puzzlestückchen meinen Eindruck zusammen basteln, vieles wurde nur angedeutet, wieder verändert, und blieb in der Schwebe. Irgendwann war man darauf vorbereitet, dass nicht alles so war, wie es anfangs schien und stellte alles in Zweifel. Von der Autorin mit Täuschungen, verschwiegenen Informationen, Fehlinterpretationen der Akteure und versteckten Motiven durch das Buch geführt zu werden, war ziemlich spannend. Insofern passte der Titel des Buches hervorragend, denn ich konnte bis zum Schluss nicht sagen, was Wahrheit war und was nicht.

Das Buch bot nicht unbedingt viel Action, sondern mehr Innenansichten, Überlegungen und Psychospielchen, weniger harte Fakten als individuell eingefärbte Wahrnehmungen und Gefühle. Mir persönlich hat das ziemlich gut gefallen.

Allerdings fand ich Sarahs Verhalten oft nicht nachvollziehbar, unlogisch von Anfang an, geprägt von hysterischer Panik, obwohl sie von sich selbst glaubt, sie sei taff. Auch die Motivation des Fremden, ihres Gegenspielers, war in meinen Augen ziemlich zweifelhaft. Ich habe mich bei beiden häufiger gefragt, wieso sie sich so benehmen, wie sie es tun. Es schien mir nicht immer zwangsläufig die einzig vernünftige Verhaltensweise, die sie am Ende in Schwierigkeiten brachte, sondern die Begründung für ihr Handeln musste ich mir selbst zusammenreimen – was nicht immer gelang. Man wollte besonders Sarah zurufen, schalte Dein Gehirn ein und mach dieses oder jenes. Und die Grübelei, wieso sie das tut oder lässt, hat mir einen Teil des Lesespaßes verdorben, weil ich es nicht nachvollziehen konnte. Dass vieles davon später doch begründet wurde, hat mir im Moment des Lesens nicht geholfen, die Verwunderung und Irritation war da und blieb.

Die Auflösung war überraschend, aber für meinen Geschmack ebenfalls enttäuschend und zu weit hergeholt.

So bleibt unterm Strich ein Buch, das mit Protagonisten aufwartet, deren Verhalten ich als unlogisch und oft nicht anvollziehbar empfand in einer Geschichte, die sehr gekonnt und geschickt erzählt war. Es hat mich gut unterhalten und gleichzeitig habe ich mich darüber geärgert. Wer sich auf die Verwirrstory einlassen kann und einfach abwartet, was passiert, der wird dieses Buch sicher mehr mögen als ich es getan habe.