Wie erwartet (sprach)gewaltig
Nach dem überragenden "Matrix" taucht auch Lauren Groffs neuer Roman tief ein in eine kaum weniger archaische Vergangenheit. Hatte "Matrix" noch gekonnt die majestätisch karge Welt mittelalterlicher Nonnenklöster sprachlich auf ein völlig neues Level gebracht und den historischen Roman damit kurzerhand um einen völlig neuen literarischen Standard (moderner Prägung) bereichert, setzt "Die weite Wildnis" unmittelbar an diese Entwicklung an - mehrere hundert Jahre später und Tausende Kilometer weiter westlich, auf dem neu entdeckten und nun besiedelbaren Kontinent, der Amerika heißt. Die Lebensbedingungen sind ähnlich karg, die Natur und der Mensch sind ähnlich gnadenlos, und Groffs Protagonistin ist zwar jünger als die Nonne Marie im letzten Roman, aber auch sie wächst an den Auseinandersetzungen mit einer ungezähmt wilden, aber dennoch poetisch gerechten Natur. Und auch hier ist die Reise zu einem neuen Bewusstsein, der Weg dorthin, die eigentliche Prüfung für die zuerst hilflose Heldin. Literarisch wie erwartet ein sprachlicher Knaller und gleichzeitig der Beweis, dass "Matrix" keine Eintagsfliege war - sondern dass Lauren Groff hier mit begnadeter Hand ein neues Zeitalter für den belletristischen historischen Roman einläutet. Gewaltig gut!