Trotz, nicht weil

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alasca Avatar

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Ich muss sagen, wenn ich nicht bereits das erste Buch von Milena Agus gelesen hätte, hätte der Klappentext mich mit Sicherheit abgeschreckt. Eine arme Frau entschließt sich, sich sich für den Lebensunterhalt bei einem alten Mann zu prostituieren. Ob es bei einem Siebzigjährigen, der körperlich wahrscheinlich nicht mehr allzuviel zu bieten hat, eine Rolle spielt, wenn diese Frau einen "weichen, nicht mehr ganz jungen Körper" hat, darf bezweifelt werden. Und was das dann mit Liebe zu tun haben soll, hat sich mir aus dieser Konstellation nicht wirklich erschlossen - es klang eher unappetitlich. Das soll frau zum Lesen motivieren? Na ja.

Aber wie gesagt: Ich kenne das erste Buch der Autorin und dachte mir, so abgeschmackt, wie der Klappentext klingt, KANN das Ganze gar nicht sein. Las die Leseprobe also TROTZ des Klappentextes.

Und gut so: ich mochte den naiven Ton der Ich-Erzählerin, die originellen Beschreibungen, den schrägen Humor, mit dem die gar nicht lustigen Lebensumstände der Signora von unten und die Kleidung des Signore von oben beschrieben werden. Auch die bisherige Geschichte der Erzählerin ist eher traurig, wird aber so leicht und locker erzählt, dass keinerlei Pathos aufkommt. Statt Tragik verströmt die Erzählerin einen erfrischenden Pragmatismus. Das gefiel mir so gut, dass ich die Geschichte sehr gerne weiterlesen würde.