Die Zwanziger noch ohne Gold

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mi_jung Avatar

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Ich hab den Namen Charlotte Roth gelesen und wusste, dass ich diese Leseprobe lesen muss, sobald sie da ist. Und ich wurde nicht enttäuscht. Roth ist eine unglaubliche Autorin von modernen, historischen Romanen und hat mir schon mit "Als der Himmel uns gehörte" schon mein literarisches Herz gestohlen und mein sportlich-ehrenamtliches obendrein. Ich erlebe die Bücher immer mit, aber Charlotte Roth hat so mitreißend, so emotional und mit überraschendem Ausgang geschrieben, dass ich immer noch ein paar Tränchen verdrücken muss, wenn ich die letzten Zeilen dieses Romans lese.

Die Leseprobe von "Die Wintergarten-Frauen" hat mich auch direkt wieder mitgenommen in eine Zeit, die ich und sogar meine Großeltern nicht mehr selbst erlebt haben. Das war die Zeit, in der meine Urgroßeltern, die ich leider nicht mehr habe jung waren, teils Teenager, so wie Nina und Carlo. Aber die Situation gegen Ende und nach dem ersten Weltkrieg ist so genau getroffen, man fühlt sich als wäre man gleich mitten drin! Von den goldenen Zwanzigern ist noch lange nichts zu spüren, aber der Roman hat schon jetzt diesen besonderen Vibe, strahlt den Glamour und Glanz von Varieté und Charleston aus und verführt beinahe dazu sich selbst in die Schale der 20er zu schmeißen und mit einem angemessenen Drink in der Hand diesen Roman zu genießen. Ich finde es einfach toll, dabei bin ich, bei dieser recht kurzen Leseprobe, nicht mal ganz im Theater gelandet. Die Charaktere sind echt und unverfälscht, manche haben frei so eine "Berliner Schnauze", wenn man das so sagen kann. Denn ob in Berlin oder im Umland, dieses ehrliche, unverblümte habe ich dort überall schon kennen gelernt und ich kann mir vorstellen, dass es auch damals in der Uckermark schon so war! Die Leseprobe war etwas zu kurz, um einen Eindruck der Protagonistin zu bekommen, aber das was ich erhaschen konnte, lässt mich auf eine eigenwillige, starke und kreative Frau hoffen, die ihren Weg in einem rastlosen, im stetigen Umbruch begriffenen Land, dass einmal Deutschland heißen wird, geht.

Das Cover ist natürlich dahingehend einfach der Knaller und passt haargenau zur Zeit, die der Roman abdecken will. Schwarz, Gold, mit Stola und dem kurzen Bob, wie wir heute sagen würden. Die weißen Handschuhe und auch die Stellung im Profil der jungen Dame, also Nina, sind ebenfalls akkurat zu der Zeit und haben sofort meine Aufmerksamkeit erregt, als ich es das erste Mal sah.