Habe mehr erwartet

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pmelittam Avatar

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Pompeji, 74 n. Chr.: Die Griechin Timarete wächst behütet als Tochter eines Arztes auf. Als dieser stirbt, stürzt die Familie ins Unglück, und Timarete landet als Sklavin Amara in Pompeji, wo sie mit anderen Frauen als Prostituierte im Stadtbordell arbeitet. Von Anfang an versucht sie um jeden Preis ihrem neuen ungeliebten Leben eine Wendung zum besseren zu geben.

Die Geschichte spielt innerhalb eines knappen Jahres und wird aus Amaras Perspektive in der dritten Person und im Präsens erzählt, letzteres passt hier sehr gut, denn so hat man das Gefühl direkt dabei zu sein. Man lernt Amara, aber auch die anderen Frauen des Bordells, sowie dessen Besitzer und die Wachleute, gut kennen, erfährt manches über sie erst im weiteren Verlauf der Geschichte. Allerdings bleiben die Personenzeichnungen dennoch relativ oberflächlich, z. B. hätte ich gerne mehr über Victorias Gedanken und Gefühle erfahren, die zum einen relativ tough wirkt, zum anderen sich aber einer unmöglichen Liebe hingibt. Mit Amara dagegen konnte ich gut mitfühlen, immer wieder ist ihre Hilflosigkeit zu spüren, aber auch ihr starker Wille, ihrem Leben einen anderen Weg zu eröffnen.

Neben dem Personal des Bordells gibt es weitere Charaktere, zum Beispiel andere Sklaven oder Freier, die für die Geschichte mehr oder weniger wichtig sind. Einer davon ist Plinius der Ältere, schön, dass auch eine historische Persönlichkeit Einzug in den Roman halten durfte. Pompeji als Setting oder auch der historische Hintergrund bleiben mir persönlich zu blass. In Zusammenhang damit haben mir aber die kapiteleinleitenden, immer gut zum jeweiligen Kapitel passenden Zitate gut gefallen, die Autorin zitiert nicht nur z. B. Catull, Ovid und Plinius, sondern auch Grafitti von den Mauern Pompejis. Was mich dagegen sehr gestört hat, waren die vielen modernen Worte, wie z. B. Party, Outfit, gestylt, die so gar nicht zum zeitlichen Setting passten und in meinen Augen die Atmosphäre kaputt machen.

Das Buch „stellt das Leben von Frauen neu vor, die lange übersehen wurden“, ein feministischer Ansatz also, der allerdings bereits beim deutschen Titel scheitert, warum Wölfe, nicht Wölfinnen? Denn das Stadtbordell wird Wolfshöhle genannt, die Prostituierten als Wölfinnen betitelt. Der Originaltitel passt hier besser. Schade, da hat sich der Verlag in meinen Augen einen Fauxpas geleistet. Sehr gefehlt hat mir übrigens ein Nachwort der Autorin, in dem sie etwas über ihre Intention und über Fakten vs. Fiktion erzählt. Auch eine Bibliographie wäre schön gewesen.

Die Geschichte ist stellenweise spannend, Amara hat einen ständigen Kampf zu führen, immer wieder scheitert sie oder kann die Konsequenzen nicht vorhersehen. Leider ist der Roman auch immer wieder langatmig, zu oft hat er mich doch nicht gepackt. „Die Wölfinnen von Pompeji“ ist der erste Band einer Trilogie, und obwohl ich neugierig auf Amaras weiteres Leben bin, weiß ich noch nicht, ob ich die beiden Folgebände lesen werde.

Das Leben von Prostituierten in Pompeji nur wenige Jahre vor dem verheerenden Vulkanausbruch zu erzählen, ist eine interessante Idee, jedoch hat der Roman auch einige Schwachstellen, so dass ich am Ende nicht ganz zufrieden, und auch nicht sicher bin, ob ich Amaras Leben weiter verfolgen möchte.