Mittendrin im ältesten Gewerbe der Welt

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
buch_auf_welt_aus Avatar

Von

„Denn was nützt es, etwas oder jemanden zu wollen, wenn man keine eigenen Entscheidungen treffen kann?“ (S. 196)

Kurze Inhaltszusammenfassung
Amara ist eine junge Frau im antiken Pompeji – verkauft, versklavt und zur Prostitution gezwungen. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen kämpft sie sich durch den gefährlichen und grausamen Alltag, immer mit dem einen großen und schier unerreichbar scheinenden Ziel vor Augen: ihre Freiheit wiederzuerlangen.

Fazit
Das Cover hat mich sofort in seinen Bann gezogen: die ästhetische und sinnliche Darstellung der jungen in einer Toga gekleideten Frau mit den gleichzeitigen Anspielungen in Richtung Prostitution, dem feuerroten Hintergrund und der Bezeichnung Wölfe im Titel – auch später im Buch als Metapher (oder auch Euphemismus) für die Prostituierten verwendet. Die Handlung ist überaus ereignisreich sowie unvorhersehbar und stellt die damaligen Lebensumstände sehr detailliert und eindrücklich dar: Gewalt, Abhängigkeiten, Egoismus, Hass, Neid, Abwertung, Missbrauch und Berechnung lauern an jeder Ecke. Die Charaktere sind sehr authentisch dargestellt: die Protagonistin Amara (wie sie sich in Pompeji nennt, ihr ursprünglicher Name in ihrer Heimat Aphidnai war Timarete. Ein kleiner sehr interessanter side fact: Amara ist eine Verbindung aus den Wörtern für Liebe und bitter – passender könnte es ja wohl kaum sein), die zwar mit ihrem Schicksal zu kämpfen hat, sich aber nicht einfach nur damit abfinden will und bereit ist, alles dafür zu tun, wieder eine freie Frau zu werden; ihre Kollegin und einzige wahre Freundin Dido, die ein ähnliches Schicksal teilt und sich nie wirklich in ihrer neuen Rolle einfinden kann; der Zuhälter Felix, absolut grausam und berechnend, nur auf seinen eigenen Profit bedacht, aber auch mit einer alles andere als leichten Vorgeschichte. Das Buch erzählt die ungeschönte Wahrheit und thematisiert auch Probleme wie eine Schwangerschaft als Prostituierte, das Aussetzen bzw. Verkaufen der Kinder als Sklaven sowie den scheinbar einzigen Ausweg aus dem Leid, den Selbstmord. Keine leichten Themen, aber überaus interessant. Stellenweise war für mich die sprachliche Gestaltung nicht ganz dem zeitlichen Rahmen angemessen, z.B. wenn es um Partys geht. Besonders gut gefallen haben mir als Zitat-Liebhaberin aber die Zitate von bekannten antiken Autoren oder auch von Graffitis aus Pompeji (von denen tatsächlich sehr viele bis heute erhalten sind und die auch in der Forschung eine wichtige Quelle für die damaligen Lebensbedingungen sind), die immer an den Beginn jedes Kapitels gesetzt wurden und jeweils einen thematischen Bezug zum Inhalt hatten.

Empfehlung
Die Wölfe von Pompeji ist keine leichte Lektüre, aber überaus spannend und lesenswert für alle, die in das älteste Gewerbe der Welt eintauchen wollen und eine ungeschönte Version davon erleben wollen, wie das Leben einer versklavten Frau in der Antike ausgesehen haben könnte.